auserlesenes
"Monte Carlo des Nordens“, so wurde das frühere Fischerdorf Zoppot genannt. In dem vornehmen Ostseebadeort leben Gundi Frieböse und ihre Freunde Lore, Julius und Erik in den 1920er-Jahren. Als Musiker unterhalten sie die Kurgäste und träumen von ihrem Durchbruch. Dann erhalten sie die Chance, auf dem Luxusschiff „Wilhelm Gustloff“ mitzufahren. Die junge Gundi verliebt sich in den Sänger Tarek. Doch dann überfällt Hitler Polen. Was wird aus ihrer Liebe? In den 1960er-Jahren in Berlin stellt die Lehramtsstudentin Wanda Scharneck Nachforschungen zur Vergangenheit ihrer Familie an, die sie nach Danzig und nach Zoppot führen. Welchem Geheimnis kommt sie auf die Spur? „Wenn wir wieder leben“ von Charlotte Roth ist ein historischer Roman, der in die Zeit des Naziregimes zurückführt und sich mit der Familiengeschichte der Autorin beschäftigt. Meine Meinung: Der Roman besteht aus neun Teilen und 58 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Es gibt zwei Handlungsstränge. Der eine betrifft Wandas Suche vorwiegend im Jahr 1963 und spielt an mehreren Schauplätzen, der andere dreht sich um Gundis Geschichte und umfasst die Zeit von den 1920er-Jahren bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Erzählt wird im Wechsel überwiegend aus der Sicht von Wanda und der von Gundi. Dieser Aufbau hat mir gut gefallen. Auch sprachlich konnte mich der Roman überzeugen. Der Schreibstil ist lebhaft und anschaulich. Die Beschreibungen, Sprachbilder und Vergleiche sind gelungen und schaffen es, die Atmosphäre früherer Zeiten zu vermitteln. Mir fiel es daher leicht, in die Geschichte einzutauchen. Mit Wanda und Gundi stehen zwei junge Frauen im Vordergrund. Vor allem Wanda war mir sofort sympathisch, aber auch Gundi ist ein interessanter Charakter. Die übrigen Personen sind ebenfalls gut ausgearbeitet und wirken authentisch. Die Handlung ist abwechslungsreich und größtenteils fesselnd. An mehreren Stellen konnte mich der Roman emotional berühren und zum Nachdenken anregen. Gut gefallen hat mir, wie die Autorin wahre, historische Begebenheiten wie die Fahrten der „Wilhelm Gustloff“ mit fiktiven Figuren und Erlebnissen verwoben hat. Die fundierte Recherche wird an mehreren Stellen deutlich. Auf unterhaltsame Art lernt der Leser nicht nur die Lebensumstände junger Frauen in den 1960er-Jahren kennen, sondern erfährt auch einiges über die Stadt Danzig und ihre Umgebung zu der Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges. Ein Pluspunkt des Buches ist das Glossar mit weniger bekannten Begriffen. Interessant finde ich auch das Nachwort der Autorin. Die gelungene Optik des Covers gefällt mir sehr und passt sich gut dem Look der vorherigen Romane der Autorin an. Schön ist, dass man dem Stil auch beim Titel treu bleibt. Etwas enttäuschend finde ich hingegen, dass die Buchseiten so dünn sind, dass die Schrift durchscheint. Mein Fazit: „Wenn wir wieder leben“ von Charlotte Roth ist ein lesenswerter Roman, der mir unterhaltsame Lesestunden beschert hat.