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kingofmusic

Posted on 14.7.2020

Kurz bevor die Sonne über dem Golf von Mexiko aus dem Wasser stieg, legte sich der Wind plötzlich, der die ganze Nacht hindurch schäumend die Wellenkämme aufgepeitscht hatte, und der Himmel war mit einem Mal blank und bleich wie ein polierter Knochen, als habe man die Atmosphäre zur Ader gelassen und jeder Farbe beraubt. (S. 5) Nanu, was ist denn jetzt los? Werde ich etwa wieder Krimi-Fan? Während ich in den letzten Jahren so gut wie gar keinen Krimi gelesen habe, finden sich in diesem Jahr schon einige auf meiner Leseliste. Aber Abwechslung hat bekanntlich noch nie geschadet. Und wenn es dann noch so außergewöhnlich gute Krimis wie „Sumpffieber“ von James Lee Burke zu entdecken gibt, dann springe ich gerne über meinen Schatten. „Sumpffieber“ war mein erster Krimi des amerikanischen Krimiautors James Lee Burke, jedoch definitiv nicht der letzte. Und mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine… In New Iberia (Louisiana) beherrschen Rassismus und Gewalt die Straßen und Plätze. Dave Robicheaux, Sheriff, muss sich in diesem (seinem 10.) Fall mit ungeklärten Verbrechen befassen, als die Tochter des vor Jahrzehnten ermordeten Gewerkschafters Jack Flynn, wieder in New Iberia auftaucht. Megan ist eine berühmte Fotografin, ihr Bruder Filmproduzent. „Megans Fotos waren faszinierend. Ihre große Gabe war ihre Fähigkeit, das menschliche Leid von Individuen aus dem großen Ganzen herauszufiltern, die in unserer Mitte lebten, für die meisten Beobachter jedoch unsichtbar blieben. Amerikanische Ureinwohner in Reservaten, Wanderarbeiter aus der Landwirtschaft, geistig Behinderte, die sich am Dampf wärmten, der aus Lüftungsschächten drang, alle starrten sie mit dem leeren Blick von Holocaust-Opfern in die Kamera und lösten beim Betrachter die Frage aus, in welcher unseligen Gegend oder welchem Land das Foto wohl gemacht worden sein könnte. Auf den Gedanken, es könnte die eigene Umgebung sein, kam man erst im zweiten Moment.“ (S. 229/ S. 230) Im Lauf der komplexen Handlung (die übrigens zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar ist, was ein zusätzlicher Pluspunkt ist) in diesem bereits 1998 erstveröffentlichten, nichts desto trotz immer noch äußerst aktuellen Krimi, gibt es immer neue „Fäden“, die Robicheaux, sein Partner Clete Purcel sowie seine Kollegin Helen Soileau verfolgen müssen, bis es am Ende der 455 Seiten unzählige Tote (ob verdient oder nicht liegt immer im Auge des Betrachters *g*) sowie die Erkenntnis gibt, dass vieles (in Bezug auf Recht und Gerechtigkeit) sich ändern muss. Das ist jedoch nur ein Wunschdenken und so ist das etwas unbefriedigende Ende trotzdem passend wie der Klecks Sahne auf der Erdbeerschnitte. Wer gerne Krimis mit komplexer Handlung, Brutalität auf der einen und poetischen Landschafts-, Licht- und Wetterbeschreibungen auf der anderen Seite liest, sollte hier mindestens ein Auge, besser jedoch zwei „riskieren“. Well done, Mr. Burke! 5* ©kingofmusic

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