Harakiri
Schauplatz Wien. Einmal in der Gegenwart, einmal in der Vergangenheit. 1936 – die junge Luzie ist Halbjüdin und hofft in Wien, den Schrecken des Nazi-Regimes bei ihrer Tante zu entgehen. Doch als sie den Juden Bela kennen- und lieben lernt verändert sich ihr Leben drastisch. 2018 – die junge Paulina reist anstelle ihrer Tante, die es aus Altersgründen nicht mehr kann, nach Wien um ein Tagebuch abzuholen, das ihrer Tante vererbt wurde. Paulina beginnt das Tagebuch zu lesen und wird in einen Strudel gerissen, der auch ihr Leben verändern wird. Was wie ein schöner Roman beginnt, driftet schnell ab in den Schrecken und die Trauer der Hitlerzeit. Teresa Simon führt und durch Freud und Leid, durch Liebe und Tod, Krankheit und Freude. Zuerst überwiegen noch die Ereignisse im Tagebuch, doch mit fortschreitender Handlung, als diese so spannend werden, dass man am liebsten gleich das Ende wissen möchte, führt uns die Autorin noch ein wenig in eine andere Richtung. Die hätte es für mich jetzt nicht gebraucht und hat das Buch gegen Ende ein wenig zu sehr in die Länge gezogen. Am Ende werden noch zwei Geheimnisse gelüftet, von denen ich nur eins bereits erahnt habe, die ich aber – auch aufgrund ihrer Parallelität – sehr hübsch fand. Allerdings verwirren die vielen Namen doch auch etwas, hier könnte ich mir ein Personenregister im Buch noch sehr gut vorstellen. Die Schrecken des 2. Weltkrieges werden hier zum Teil in Tagebuchform verarbeitet, was sie aber nicht weniger erschreckend wirken lässt, im Gegenteil. Auch die Willkür, die vorherrscht, wird in ihrer ganzen Tragweite bewusst. Aus verschmähter Liebe wird beinahe Hass und gipfelt darin, dass Frauen deportiert werden, die sich nichts zuschulden kommen ließen. Dadurch wurde die Handlung noch einen Ticken realistischer dargestellt. Simon hat einen sehr lebendigen, mitreißenden Schreibstil und man merkt ihr ihre Liebe zur Stadt Wien an. Fast mutet die Handlung teilweise wie ein Reiseführer an, was Lust macht, diese schöne Stadt eines Tages zu besuchen und die Schauplätze – vor allem Mozarts Grab mit dem Fliederstrauch – zu besichtigen.