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sato

Posted on 9.7.2020

Ich weiß nicht so recht, was ich von Henriette Hell's hochgelobten Erstlingswerk halten soll. Das liegt vielleicht daran, dass es in keine Schublade passt. Ein erotischer Roman - ist es nicht, ja es gibt Sex und die Sache wird offen an- und besprochen jedoch ohne den Anspruch dem Leser heiße Träume zu bescheren. Ein Reisebericht - ist es auch nicht, man bekommt zwar hier und da einen Insidertipp zu preiswerten Herbergen, angesagten Locations und hippen Ausflügen, aber das ist eher Beiwerk. Ein Ratgeber - ne, nicht wirklich, die Art von Selbstfindung der Autorin ist sicher nicht für die breite Allgemeinheit empfehlenswert. Ein Fachbuch - auch nicht, obwohl immer wieder Studien und Fachliteratur zum Thema zitiert wird. Ein Fantasiebuch - die Ableitung des Titels von Jules Vernes berühmten Buch könnte diesen Schluss zulassen, ist aber auch falsch. Nimmt man von all dem ein bisschen, schüttelt es gut durch und würzt es mit etwas beinahe schamlos offenen Sexgeflüster kommt man der Sache näher. Ein "Reise- Sextagebuch" nennt die Autorin selbst ihre Geschichte, passt irgendwie. Ich selbst fand es teilweise amüsant, oft interessant, andererseits aber auch gefährlich naiv und würde diese Art der Selbstfindung nur recht eingeschränkt zur Nachahmung empfehlen - denn wirklich schlimme Erfahrungen blieben Henriette ja zum Glück erspart und die dichterische Freiheit kann Realitätslücken ja auch gut mit ein wenig Wunschdenken füllen. Ob die Normalofrauen der bereisten Länder Verständnis für diese Probleme und den Lösungsansatz aufbringen können ist sicher zweifelhaft - um so erfreulicher, das Henriette Hell an der ein oder anderen Stelle, dies auch anklingen lässt. Trotzdem ist es ein lesenswertes Buch das auch zum Nachdenken anregt - von mir 3,5 Sterne.

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