auserlesenes
„Wir dürfen die Menschen nicht nur verteufeln. Wir brauchen sie, sie lesen und schreiben uns. Sie lassen uns existieren.“ Diese Aussagen des Vaters kann ein Wort nicht glauben und auch nicht verstehen – bis es auf einmal durch ein traumatisches Erlebnis seinen Sinn verliert. Ganz allein muss sich das Wort auf eine abenteuerliche Reise durch die Welt der Sprache machen. Auf der Suche nach sich selbst gilt es, einige Herausforderungen zu meistern. „Der Wortschatz“ ist der ungewöhnliche Debütroman von Elias Vorpahl. Meine Meinung: Neben einem Pro- und einem Epilog besteht das Buch aus elf kurzen Kapiteln. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Wortes. Nicht nur der Inhalt des Romans bildet die unterschiedlichen Facetten der Sprache ab, sondern auch sein Stil: Tolle Wortspiele, Sprachbilder, Metaphern und andere rhetorische Figuren konnten mich begeistern. Das erfordert zwar ein aufmerksames Lesen. Der Schreibstil hat mir aber gerade deswegen sehr gut gefallen. Er lässt auch etwas großzügiger darüber hinwegsehen, dass kein großer Verlag an dem Werk beteiligt ist und so einige Orthografie- beziehungsweise Tippfehler vor dem Druck unentdeckt blieben. Die Grundidee des Romans, Worte lebendig werden zu lassen, finde ich außerordentlich kreativ und ungewöhnlich. Die Handlung, die mehrere Wendungen zu bieten hat, ist stimmig und bis zur letzten Seite schlüssig. Anrührende Szenen wechseln sich mit spannenden Passagen ab. Dabei wird die Geschichte zu keiner Zeit langatmig, sondern bleibt abwechslungsreich. Neben den sprachlichen Aspekten, die auf mein persönliches Interesse stießen, werden auch philosophische Gedanken ausgesprochen. Das Buch regt zum Nachdenken an und liefert wichtige Denkanstöße. Ein weiterer Pluspunkt für mich. Das Wort war mir schnell sympathisch, so dass ich mit dem Hauptprotagonisten mitgefiebert und die Geschichte sehr gerne verfolgt habe. Allerdings hatte ich aufgrund der Abstraktheit der Charaktere zeitweise etwas Probleme, mir die Figuren des Romans genau vorzustellen. Auch nach dem letzten Kapitel blieben für mich mehrere Fragen offen. Zum Beispiel: Warum haben einige Worte eine Tiergestalt und welche Gestalt haben die übrigen Worte? Gibt es jedes Wort und jedes Wörtchen nur einmal oder mehrfach? Zu diesen Fragen hätte ich mir weitere Details gewünscht. In diesem Punkt schwächelt die Umsetzung ein wenig. Einige Seiten mehr hätten dem Roman daher nicht geschadet. Hilfreich sind beim Verständnis allerdings die allesamt geschmack- und liebevollen Illustrationen, die den Roman inhaltlich und optisch bereichern. Sie sind besonders und passen – wie auch das gelungene Cover – sehr gut zur Geschichte. Auch der Titel ist treffend gewählt und ganz nach meinem Geschmack. Mein Fazit: „Der Wortschatz“ von Elias Vorpahl ist ein einzigartiger und sehr kreativer Roman, in dem viel Liebe steckt. Es ist eine lesenswerte Geschichte – nicht nur für Sprachliebhaber und Fans des Genres Fantasy.