weltentzueckt
Kurze Inhaltsangabe: Jude und ihre Zwillingsschwester, Taryn, sind 7 Jahre alt, als Madoc, der Exmann ihrer Mutter, sie aufspürt und ihre Welt aus den Angeln reißt. Offenbar war ihre Mutter mit ihrer älteren Schwester und seiner eigenen leiblichen Tochter, Vivienne, aus seinen Fängen geflohen und hatte ihr Leben abseits von Faerie und seinem Einfluss weitergelebt. Aus Rache über ihren Verrat tötet er Judes und Taryns Eltern und nimmt die Kinder mit in seine Welt. Faerie ist magisch. Die hier lebenden Feen haben eine unendlich Lebensspanne, sofern sie nicht getötet werden. Sie sind schön und klug und intrigant. Sie lieben Mut, Arroganz und einen guten Handel. Und sie blicken auf die schwachen Menschen herab, die sie meist nur als Haussklaven halten. Jude und Taryn werden jedoch von Madoc aufgezogen, als seien sie seine Kinder. Sie besuchen die Schule und müssen sich dem Gehänsel ihrer Mitschüler aussetzen. Bis politische Umbrüche Jude dazu drängen, eine Entscheidung zu treffen: Soll sie den leichten Weg wählen, sich fügen und hoffen, ein möglichst friedliches Leben leben zu können, oder soll sie für ihre Ideale kämpfen und endlich allen beweisen, dass sie doch nicht so schwach ist, wie alle von ihr denken? Meine Meinung: Das Buch hat mich absolut überrascht. Der Schreibstil von Holly Black ist einzigartig, ihr Vokabular schier endlos groß. Sie beschreibt Faerie auf eine magische, düstere, bedrohliche und brutale Art und Weise, die einen direkt in seinen Bann zieht. Die Protagonistin, Jude, eckt offenbar bei vielen an. Mir war sie total sympathisch, weil sie sich zur Abwechslung mal nicht nonstop für andere aufopfert. Sie legt eine erfrischende Brise Egoismus an den Tag, ist verbissen, stur und perfektionistisch. Sie hat Ecken und Kanten, die ihr im Laufe der Geschichte aber zugute kommen. Trotzdem bedeuten ihre Geschwister ihr alles. Auch die Nebencharaktere werden toll ausgearbeitet. Vivienne bekommt in dem Buch nicht allzu viel Platz, ist aber trotzdem absolut authentisch. Sie ist trotzig und frech und nonkonform und ganz hinreißend besorgt um ihre Familie. Taryn bleibt lange blass, was aber einen Grund hat und bereichert die Geschichte auf eine sehr emotionale und komplizierte Weise. Die Beziehungen zwischen den Schwestern ist komplex und nicht einfach in Worte zu fassen. Sie lieben einander, können sich aber oft nicht leiden. Geschwister eben. Cardan, Locke und Dain beweisen weiter, dass Black tiefgründige Charaktere erfinden kann. Sie sind weder schwarz noch weiß, sondern alle Graustufen dazwischen. Genauso wie sie, ist der Plot der Geschichte nicht richtig zu durchschauen. Man hat eine Ahnung, wo die Reise hingeht, aber kann sich nie sicher sein. Voller Wendungen, strategischen Zügen und Gegenzügen, windet sich die Geschichte dahin und man kann nicht anders als ihr aufmerksam zu folgen. Zu einigen Elementen hätte ich mir noch etwas mehr Hintergrundinfo gewünscht. Ich hoffe, dass die Vernetzung von Faerie und der Menschenwelt in Band 2 genauer erläutert wird und dass man bei einigen bisher wenig behandelten Charakteren einen besseren Einblick in die Psyche bekommt. Da der Kampf gegen Rassismus gerade auflebt, blieb mir die Thematik im Buch nicht verborgen. Jude und Taryn werden diskriminiert, weil sie anders sind. Sie werden unterschätzt und ihr Leiden findet wenig Beachtung. Sie müssen lernen, stark zu sein und für sich zu kämpfen. Ich hoffe, dass die Aufstände, Demonstrationen und Proteste genauso augenöffnend sind wie die sterbliche Jude für die Feen in The Cruel Prince. Denn #blacklivesmatter! Das Buch ist eine gekonnte Mischung aus Spannung, Drama, Action und Emotion. Es konnte mich durch und durch in seinen Bann ziehen und ich bin gespannt, ob Black das Niveau in Band 2 halten kann. 5 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung! Tipp: Wenn ihr nicht so gut englisch könnt, greift lieber zur deutschen Ausgabe. Black benutzt oft nicht alltägliche Wörter, um ihre fantastische Welt zu beschreiben.