nina 🌸
Ein interessanter Coming of Age Roman mit einer wichtigen Thematik, dem es leider etwas an Gefühl mangelt. Zur Geschichte: Zu Beginn mochte ich die Geschichte sehr gerne. Sie war humorvoll und irgendwie anders, im positiven Sinne. Vom Stil her hat sie mich an ein Buch von John Green oder David Levithan erinnert. Ich persönlich finde es immer interessant, andere Kulturen kennenzulernen, weswegen ich mich sehr darüber gefreut habe, dass die koreanische Kultur so detailliert dargestellt wurde. Der Protagonist ist ein koreanischstämmiger Amerikaner, der selbst nicht genau weiß, welcher der beiden Kulturen er sich nun mehr zugehörig fühlen sollte. Dieses "Zwischen den Kulturen" wurde meiner Meinung nach sehr gut eingefangen. Ich konnte es in gewisser Weise verstehen, obwohl ich selbst keine Erfahrungen damit habe. David Yoon spricht in seinem Buch ein sehr wichtiges, hochaktuelles und sensibles Thema an, nämlich Rassismus oder besser gesagt Alltagsrassismus. Es geht in dieser Geschichte zwar überwiegend um den amerikanisch-koreanischen Rassismus, aber Vieles davon lässt sich auch sehr gut auf andere Kulturen und Bereiche beziehen. Die Geschichte hat mich zum Nachdenken angeregt und ich konnte viel daraus mitnehmen. Mir erschien die Darstellung auch sehr realistisch und authentisch (sofern ich das als Laie eben beurteilen kann). Man merkt, dass der Autor selbst Erfahrungen mit diesem Thema sammeln musste. Es hat einfach echt gewirkt. In meinen Augen vermittelt "Frankly in Love" eine wichtige Botschaft und ist nicht nur für Jugendliche empfehlenswert. In dieser Geschichte geht es um Diskriminierung, Identität, (Alltags-)Rassismus, Vorurteile, Klischees, Schubladendenken und Akzeptanz. David Yoon spricht viele sensible Themen an und setzt diese in meinen Augen auch sehr authentisch und realitätsnah um. Weiterhin geht es um typische Themen im Leben eines Teenagers: Schule, Familie, Freundschaft, die erste Liebe, Erwachsenwerden, seinen Platz im Leben finden und Zukunft(-sperspektiven). Die erste Hälfte des Buches ist überwiegend humorvoll und unterhaltsam, wohingegen die zweite Hälfte zunehmend ernster wird, sowohl von den Themen als auch von der Atmosphäre her. Die beiden Seiten dieser Geschichte stehen zwar in einem starken Kontrast zueinander, haben aber erstaunlich gut miteinander harmoniert. Dieses ungewöhnliche Konzept ist etwas, das die Geschichte besonders auszeichnet. Insgesamt ist die Handlung eher ruhig. Wir begleiten Frank durch sein letztes Highschooljahr und führen damit das typische Leben eines Teenagers. Ich halte diese Kombination von einem ernsten Thema mit einer humorvollen Teenager-Geschichte für äußerst gelungen, da die Geschichte so sehr natürlich wirkt. Es gibt zwei große Plot Twists/ Wendungen in der Handlung, wovon ich eine vorausgesehen habe, während die andere mich komplett überrascht hat. Generell war die Geschichte ganz anders als ich es zunächst erwartet hatte, aber das meine ich gar nicht negativ. Die Liebesgeschichte zwischen Frank und Brit erschien mir leider nicht glaubwürdig. Man lernt Brit kaum kennen und sie bleibt ein sehr flacher Charakter. Auch zu Frank konnte ich keine richtige Bindung aufbauen, obwohl die Geschichte aus seiner Sicht erzählt wird. Die Emotionen kommen nur geringfügig rüber, wodurch ihre Liebesbeziehung kalt und irgendwie auch lieblos wirkte. Sie konnte mich nicht berühren. Generell hat es mir in dieser Geschichte stark an Gefühl gefehlt. Ich konnte die Geschichte nicht fassen, die Gefühle der Charaktere waren für mich nicht greifbar. Während die Rassismus-Thematik sehr ausdifferenziert dargelegt wurde, wurden die anderen Themen nur oberflächlich abgehandelt. Es fehlte mir an Tiefe, Authentizität und Leben, vor allem bei der Liebesgeschichte. Zu den Charakteren: Die Geschichte wird aus Frank's Sicht in der ersten Person Singular erzählt. Ich hatte zu allen Charakteren ein eher distanziertes Verhältnis, wodurch sie auf mich allesamt etwas blass wirkten. Prinzipiell halte ich einige von ihnen, allen voran Frank und Joy, für authentisch und lebensecht, aber man hat sie selbst und ihre Gedanken und Gefühle zu wenig kennengelernt. Ich konnte mich nicht in sie hineinversetzen oder einfühlen. Zum Schreibstil: David Yoon hat einen außergewöhnlichen Schreibstil, den sicherlich nicht jede*r mögen wird. Mir persönlich hat er leider nicht so gut gefallen. Die Sprache ist sogar mein Hauptkritikpunkt an diesem Buch. Der Schreibstil war mir zu umgangssprachlich und übertrieben jugendlich. Ich denke die Jugendsprache sollte natürlich und authentisch wirken, aber in meinen Augen war es einfach zu viel. Ich glaube auch nicht, dass sonderlich viele ältere, gebildete Schüler*innen (sie sind in der Abschlussklasse in Advanced-Kursen und bewerben sich für Elite-Universitäten) SO reden. Außerdem beschränkt sich diese (teilweise auch grammatikalisch falsche) Sprache nicht nur auf die Dialoge unter Freunden, sondern dehnt sich auch auf den Erzähler (Frank's Gedanken, Gefühle und Beschreibungen dessen, was passiert) aus. Das hat mich beim Lesen wirklich wahnsinnig gestört und genervt! Mich würde sehr interessieren, wie sich das Ganze im englischen Original verhält. Übersetzungen sind ja immer so eine Sache... Ansonsten war der Schreibstil leicht und humorvoll. Ich hatte den Eindruck, dass vor allem der Mittelteil von dieser Umgags-/ Jugendsprache betroffen war, davor und danach gefiel mir der Schreibstil nämlich ganz gut. David Yoon schreibt in kurzen, knappen Sätzen, wobei ich meine geliebten komplexen Satzstrukturen schon sehr vermisst habe. Weitere Anmerkungen: Der grüne Buchschnitt sieht wirklich toll aus und bedarf deswegen einer expliziten Nennung. Fazit: Mir fällt es sehr schwer, mich diesem Buch gegenüber zu positionieren. Ich fand es zwar alles andere als schlecht, aber Vieles hat mich auch deutlich gestört. Die Thematik rund um Rassismus, Identität und kulturelle Differenzen fand ich ausgesprochen gelungen und gut umgesetzt. Sie überzeugte mit Tiefe und Authentizität. Gerade diese beiden Dinge fehlten mir aber bei allem anderen, sowohl bei den weiteren Handlungssträngen als auch bei den Charakteren. Es kommen kaum Emotionen rüber und ich wurde von der Geschichte leider nicht berührt. Weiterhin bereitete der Schreibstil mir einige Probleme. Ich schwanke zwischen 3,5 und 4 Sternen. 3,5 bis 4/ 5 Sterne ⭐️