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dajobama

Posted on 29.6.2020

Nagel im Himmel – Patrick Hofmann Der Protagonist Oliver Seuss, geboren im letzten Jahr der DDR, versucht eines der größten Geheimnisse der Mathematik zu lösen und verschwindet dabei voll und ganz in der Welt der Mathematik, genauer gesagt, der Primzahlen. Er will schaffen, was vor ihm noch keiner geschafft hat, er will den Beweis der Riemannschen Vermutung bestätigen oder widerlegen. Dabei muss man sich als Leser mit der Materie nicht auskennen, es ist ein bislang ungelöstes Rätsel der Mathematik, das reicht zu wissen. Hofmann schafft es trotzdem, eine gewisse Faszination für dieses wissenschaftliche Gebiet zu vermitteln. Wirklich unglaublich, wie spannend ein an sich so trockenes Thema hier präsentiert wird. Im Wesentlichen geht es dem Autor um den unglaublichen psychischen Druck und das seelische Leiden dieses mathematischen Genies und doch so unglücklichen Menschen. Aufgewachsen in einer lieblosen, stark sächselnden Umgebung, ohne Verständnis für sein Talent, fühlt er sich nirgends zugehörig und ist emotional extrem unbeholfen. So flüchtet er sich in seinen Schaffenspausen in den Alkohol und droht vollkommen abzugleiten zwischen Zahlen- und Alkoholrausch. Diese Forschung, der er mit Haut und Haar nachgeht, ist ein jahrelanger schmerzhafter Kampf, der ihn zu zerstören droht. "Wenn es ihm aber zu gut ging, war er nicht mehr kreativ. Die Wärme und die Freundlichkeit schadeten dem Genie. Wenn er mit der Riemannschen Vermutung weiterkommen wollte, brauchte er die Kälte." Seite 163 Es ist ein Balanceakt zwischen Genie und Wahnsinn auf dem er sich bewegt und doch hat er gar keine andere Wahl. Gesegnet mit einem großen Talent, das er nicht will, gegen das er sich geradezu wehrt, gegen das er aber doch nicht ankommt. Immer wieder stürzt er sich in seine Aufgabe, die ihm eigentlich zu groß ist und die ihm Angst macht, mit einer Besessenheit, die krankhaft ist. Eine Kombination, die absolut faszinierend ist. Ein bemitleidenswertes Genie, das all seine Kraft in die Wissenschaft steckt, einfach weil er nicht anders kann. Bemerkenswert fand ich auch nochmal den Schluss, bitter-süß, auf jeden Fall tragisch und auf jeden Fall zu diesem hochkarätigen Roman passend. Das Porträt eines unglücklichen Genies, absolut fesselnd erzählt. Sehr lesenswert. 4 Sterne bei Beendigung des Romans. Allerdings hielt die Faszination noch tagelang an, so dass ich mich dann doch noch für 5 Sterne entscheide.

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