Lia
„Sie gehörte zu den Menschen, die die kleinen Dinge zu schätzen wussten – die einzelnen Momente sammelten, statt immer das große Ganze zu betrachten. Und das war so selten.“ „Warum sollte sie sich zur Abwechslung nicht einfach einmal gut fühlen dürfen? Sie würde nie wahres Glück finden, wenn sie alles von den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit abhängig machte.“ (Zitate aus 'Redwood Love – Es beginnt mit einem Blick') Darum geht es: Avery Stowe muss dringend weg, am besten an einen Ort wo sie komplett neu anfangen kann. Zusammen mit ihrer autistischen Tochter Hailey findet sie sich bald in Redwood wieder, einem kleinen Städtchen. Dort begegnet sie Cade O'Grady, einem Tierarzt der ihr Herz vom ersten Moment höher schlagen lässt. Doch eine Beziehung ist das Letzte was sie möchte. Nur zu dumm, dass sich die ganze Stadt gegen sie verschworen hat und sie unbedingt verkuppeln möchte. Das Cover: Auf den ersten Blick wirkt das Cover sehr voll, was nicht zuletzt an den Bildausschnitten liegt. Zeitgleich ist es aber auch sehr besonders und voller Details, die es sehr interessant machen. Sobald man sich die einzelnen Komponenten ansieht, gibt es sehr viel zu sehen und alles ergibt einen Sinn. Der Hintergrund wurde im hölzernen Stil gehalten, was perfekt zum Ort des Geschehens passt. Dazu gibt es eine kleine Zeichnung von einer Blockhütte mit dahinterliegenden Bergen und Bäumen, die ein wenig im Buch eingekerbt sind, sodass das Buchcover nicht komplett ebenmäßig ist. Auf den Polaroids erkennt man einige Zusammenstellungen von Orten, den Charakteren und sogar dem Hund von Cade. Eine sehr gute Idee, die viele Details zeigt, die Fantasie der Leser anregt und schon einmal ein bisschen der Atmosphäre des Geschehens einfängt. Der Schreibstil: Anders als viele andere Bücher dieses Genres, ist dieses Buch in der Erzählperspektive geschrieben worden, was am Anfang gewöhnungsbedürftig erscheint, sich jedoch im Laufe der Zeit spielend leicht einpendelt. Das liegt auch an dem Schreibstil der Autorin, der sehr leicht und flüssig zu lesen ist, sodass der Leser sich schnell und ohne tiefergehende Probleme darauf einlassen und damit zurechtkommen kann. Allgemein wurden viele Details zum Beschreiben der Szenerie und der Atmosphäre benutzt, was eine gute Vorstellung beim Leser, aber auch ein, der Szene entsprechendes, Gefühl sorgt. Der Großteil der Sätze wirkt sehr lang und mit vielen Verschachtlungen, ist jedoch sehr verständlich ausgedrückt, sodass man sie nicht viele Male lesen muss, um sie überhaupt im Sinn zu verstehen. Aufgrund von expliziten Szenen ist dieses Buch eher an Erwachsene zu empfehlen. Meine Meinung: Zu den Figuren Angefangen bei Avery muss ich sagen, dass ich den Aufbau und die Beschreibung der Personen, genauso wie ihre Gedanken, gut finde. In den meisten Fällen sogar sehr gut. Avery ist von Beginn an ein Charakter, der Hilfe von anderen nicht annehmen kann, weil sie es schlicht und ergreifend nicht gewohnt ist diese Angebote ohne Gegenleistung zu bekommen. Sie wirkt unsicher und teilweise auch hilflos, ist zeitgleich aber auch unfassbar stark und liebevoll, was sich besonders im Umgang mit ihrer Tochter zeigt. Gerade im Hinblick auf Hailey ist sie unfassbar stark und hat gelernt mit dieser Situation umzugehen, sich anzupassen und das alles auf die Reihe zu bekommen, was bei Weitem nicht so einfach ist. Insgesamt wird bei Avery viel mit den gegenteiligen Emotionen gegenüber dem was sie möchte, aber dem was sie früher einmal gelernt und angenommen hat, gespielt. Das erschafft einen Zwiespalt, in welchem man sich aufgrund der Gedankengänge gut zurechtfindet und mitleidet, gleichzeitig aber auch hofft, dass sie es schafft die Dinge zuzulassen. Besonders Cade spielt dabei eine große Rolle. In den ersten Seiten so unsympathisch wie selten ein Charakter, wandelt sich der junge Tierarzt schnell in einen Menschen, den man am liebsten einfach in den Arm nehmen möchte. Er wurde mit vielen Charaktereigenschaften versehen, die es einem schwer machen ihn nicht zu mögen. Egal ob seine Tierliebe, wobei sein Gerede mit Tieren amüsant, zeitgleich aber auch süß beschrieben wurde, seine humorvolle Art und besonders der Aspekt wie er mit Hailey und Avery umgeht. Das alles lässt das Herz der Leser höher schlagen. Ebenso wie Avery findet er sich schon bald in einem Zwiespalt wieder, welcher sich jedoch von dem der Protagonistin unterscheidet und die Sache nochmals interessanter gestaltet. Doch so gern ich Cade mochte, er war mir ein bisschen zu perfekt. Man kann nicht abstreiten, dass diese Charaktereigenschaften wesentlich für ihn sind, gerade im Hinblick auf seine Arbeit und die Geschichte rund um ihn und Avery, aber auch seine Unfähigkeit die Frauen um ihn herum abzuweisen, es einfach über sich ergehen zu lassen und seine ganze Fürsorge – irgendwann fragt man sich wo der Punkt ist, an dem er nicht mehr ganz so rund wirkt. Denn Menschen sind im echten Leben keinesfalls rund, mit Avery ist dieser Aspekt gut gelungen, doch Cade wirkte bis auf den Anfang zu gut. Im Prinzip ist der das, was Avery brauchte, gleichzeitig wurde man das Gefühl nicht los, dass da noch irgendwas kommen musste. Was jedoch nicht wirklich der Fall war. Am Ende war er ein toller Charakter mit einer unglaublichen Wärme, ihm fehlten jedoch Ecken und Kanten, die nur in ein, zwei Situationen wirklich herauskamen. Zu anderen Charakteren möchte ich gar nicht so viel sagen, trotzdem habe ich jeden einzelnen von ihnen geliebt. Egal ob Flynn und Drake, Gabby, Zoe und Brent oder das Teufelstrio und Averys Mutter, keiner von ihnen hat ein schlechtes Gefühl hinterlassen. Eine tolle Truppe. Über wen ich kurz ein paar Worte verlieren möchte ist Hailey. In meinem Leben hatte ich noch nicht wirklich persönlich mit einem Autisten zu tun, beziehungsweise keinem, bei wem die Aspekte der Krankheit in diesem Maße ausgeprägt waren. Vielmehr durch Erzählungen von Bekannten ist mir einiges bekannt, weswegen ich sehr gespannt war. Und ich wurde nicht enttäuscht. Zwar kann ich herzlich wenig über die Richtigkeit urteilen, gehe aufgrund des persönlichen Bezugs der Autorin zu dem Thema, weniger von Fehlern gegenüber der Krankheit aus, möchte dazu nichtsdestotrotz ein paar Worte verlieren. Hailey hat sofort mein Herz gestohlen. Von der ersten Sekunde wollte ich mehr mit ihr lesen. Dabei war es egal ob in Situationen nur mit Avery oder auch in Kombination mit Cade, welche tatsächlich auch meine liebste Kombination war. Cade und Hailey, bei jeder einzelnen Szene zwischen den beiden wurde mir warm ums Herz. Der Weg, den Hailey dabei geht, ist super schön beschrieben, mit den Höhen und Tiefen die es dabei nun einmal zu beachten gibt. Auch die Beziehung zu den anderen Charakteren und deren Veränderung mit der Zeit, war schön mit anzusehen und hat mich wirklich glücklich gemacht. Letztlich kann man nur erwähnen, wie authentisch sie in die Geschichte eingebunden wurde, ohne dass es aufdringlich oder gezwungen wirkte, weil sie in der Grundidee des Buches schon verankert war. Zu der Handlung Irgendwie passiert nicht sonderlich viel. Wenn man diesen Satz so ließt wird man das höchstwahrscheinlich negativ auffassen, was keinesfalls der Fall ist. Man erfährt viel über die Charaktere, die Beziehungen zwischen ihnen und anderen, der Gesamtsituation und durch den sehr beschreibenden Schreibstil auch unheimlich viel über die Gegend, in welcher die Geschichte spielt. Das lässt die Handlungen zunächst in den Hintergrund rücken, was dem Buch an sich aber keinen Abbruch tut. Das Buch lebt eher von den Beziehungen und Gedanken der Charaktere, zu viel Handlung würde das wiederum in den Hintergrund stellen, würde schnell 'zu viel' werden. Es plätschert alles so ein bisschen herum, dieses Buch ist eines der Ruhigeren ohne zu viel Drama, unheimliche Wendungen oder Sachen solcher Art. Natürlich passiert auch genug um den Leser nicht zu langweilen, es ist eine gesunde Mischung zwischen allem, auch wenn man manchmal schon etwas das Gefühl hatte, es würde sich in die Länge ziehen. Mein Fazit: 'Redwood Love – Es beginnt mit einem Blick' ist ein sehr gelungenes Buch, welches besonders mit den verschiedenen Charakteren punkten kann und mit der Atmosphäre punktet. Durch das Setting und die Schreibweise hat man das Gefühl, selbst Teil dieser kleinen Stadt zu sein und nicht vor einem Buch zu sitzen. Ein schönes Buch mit einer Menge Gefühle und dem Maximum an Wohlfühlfaktor. Sterne: 4,5/5