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Helga

Posted on 24.6.2020

Am Anfang war ich positiv überrascht. Ich habe zwar "Hamlet" bisher nie gelesen, kenne aber die Handlung in Grundzügen und fand es spannend, dass diesem Stück in einem historischen Roman Leben eingehaucht wird und eine der Frauen zu Wort kommen soll. Zunächst war auch alles sehr plastisch, ich fand mich gut in die Zeit hinein, doch zunehmend zerrte vor allem Ophelia an meinen Nerven, muss ich leider gestehen. Immer wieder wird sie gepriesen als tugendhafte und ach so kluge Lady, ohne dass ihre Äußerungen oder ihr Handeln dem wirklich Rechnung getragen hätten. Außerdem kam mir der Schreibstil zunehmend schwülstig vor und hing für meinen Geschmack zu sehr an der Shakespeareanischen Vorlage und seinem Schreibstil. Die Sache mit dem Wahnsinn blieb leider nur schwer verständlich und nachvollziehbar und Ophelias Handeln wirkte ziemlich irrational. So wie überhaupt die Logik nicht die Sache dieses Buches war. Ein wenig Recherche zum Hamlet-Mythos ergab zudem, dass die Geschichte historisch gesehen wohl hätte im Frühmittelalter (und nicht im Spätmittelalter wie hier) angesiedelt sein müssen. Das hätte möglicherweise auch besser zur Handlung gepasst. Meiner Meinung nach hat die Autorin die Freiheiten, die ihr die Konzentration auf eine Nebenfigur erlaubt hat, nicht wirklich ausgenutzt. Ich hatte geradezu den Eindruck, dass sie sich nicht von der Vorlage weg traute. Erst, als es keine Vorlage mehr gab, wirkte die Handlung freier und authentischer, wenn auch leider recht in die Länge gezogen. Der Mittelteil war zwar spannend, doch reichte das für mich nicht aus um davon noch 100 Seiten zu zehren und auch die vorangegangenen Kapitel wettzumachen.

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