Helga
England, 1927: Als junges Mädchen verlässt Jane Banister das Gut Renishaw und ihre Mutter, um mit der exzentrischen Edith Sitwell nach London zu gehen und dort ihr Hausmädchen zu sein. Edith als ungeliebte Tochter des Hauses kann in den Metropolen der Welt endlich ihrem Künstlerinnendasein fröhnen und zahllose Künstlerparties feiern. Über viele Jahre hinweg wird Jane weit mehr als das Hausmädchen für Edith. Nun ist Edith an ihrem Lebensabend angekommen und Jane lässt das gemeinsame Leben Revue passieren ... Dabei beobachtet man als Leser Edith immer aus einer gewissen Distanz und kommt der unorthodoxen Dichterin nie so nah, wie man gern möchte. Denn manche Situationen bleiben auch am Ende ein Rätsel, für das man vielleicht gern eine Auflösung gehabt hätte (beispielsweise für die merkwürdige Beziehung von Edith mit dem Künstler, den sie finanziell fördert). Aber all das bleibt aus der Perspektive von Jane betrachtet und ihren Eindrücken dieser Künstlerszene. Gleichzeitig hat Jane selbst kaum ein eigenes Leben. Dennoch ist die Geschichte interessant und hält eine gewisse Spannung durch die Atmosphäre, die erschaffen wird: diese exzentrische Künstlerin in ihrem Kreis voller Bohémes und Künstlerpartys, aber auch die mit sich und ihrem Äußeren hadernde intelligente Frau, die sich mehr und mehr dem Alkohol hingibt und über ihre Verhältnisse lebt. Die Geschichte ist insgesamt nett und liest sich gefällig. Sie ist trotz der genannten Themen angenehm enthaltsam vom Kitsch. Sie schlägt keine emotionalen Kapriolen und es gibt keine dramaturgischen Eskapaden. Die Figuren bleiben menschlich und glaubhaft. Und schließlich regt dieser unterhaltende Roman dazu an, sich ein wenig mehr mit einer vergessenen Dichterin zu beschäftigen.