TheUjulala
Ein emotionales Schicksal in ergreifender Nüchternheit erzählt. So etwas tief berührendes habe ich ja schon lange nicht mehr gelesen. Und so viel geheult auch nicht mehr. Musste ich schon Abschied von Cassian und Cayden nehmen, hat mir dieses Buch auch noch mal emotional einen Dolch ins Herz gerammt. Aber das war es wert, und ich habe Rotz und Wasser geheult. Was für eine wunderbare Chance, dieses Buch ebenfalls als Testleserin in der besten Lesergruppe der Welt lesen zu können. Die Autorin Emma C. Moore (alias Marah Woolf) selber hat uns ihr Buch zur Verfügung gestellt und ich danke ihr aus tiefstem Herzen dafür. Coverbild Wer schon Finian Blue Summers kennt, wird wohl etwas verwundert sein. Die Autorin hat sich nämlich bei der Veröffentlichung des 2. Buches dieser Reihe dafür entschieden, die Cover neu zu gestalten. Diesmal zeichnet sich Nikola Hotel für das Cover verantwortlich und ich muss sagen, trotz meiner Skepsis und meiner Liebe zu den „alten“ Covern von Fanny Rose Eden und Finian Blue Summers, finde ich die Neuen extrem gut. Ich mag ja eher die grafik- und typo-lastigen, und obwohl hier durch die fette Schrift ein Bild eines sich im Regen küssenden Pärchens durchscheint, finde ich es für die Reihe sehr passend. Handlung Um bis zum Beginn ihres Studiums über die Runden zu kommen, jobbt Fanny auf einem Weinfest in Virginia. Dort lernt sie den sympathischen und ungestümen Jace kennen, der sich sofort in sie verliebt und sie auf Händen trägt. Beide verbindet von Anfang an eine tiefe Anziehungskraft und eine innige Beziehung. Doch plötzlich ist Jace verschwunden und zurück bleibt nur ein Brief mit fadenscheinigen Ausreden. Reece, ihr späterer Mitbewohner an der Uni, kann ihr nicht über das gebrochene Herz helfen. Dabei ist Reece unheimlich mitfühlend und ein stetiger Begleiter in Fannys Leben geworden. Erst sehr langsam fasst Fanny wieder Vertrauen in ihre Gefühle und beschließt der Liebe zu Reece eine Chance zu geben. Und plötzlich taucht Jace wieder auf. Buchlayout / eBook Auch dieses eBook ist wie bei Finian Blue Summers sehr liebevoll gestaltet. Alle Kapitel sind mit einer kleinen kalligrafischen Zeichnung versehen und tragen den Namen des Protagonisten, aus dessen Sicht das Kapitel gerade erzählt wird, ebenso der Ort und die Zeit der Handlung. Die Kapitel haben alle eine sehr angenehme Leselänge. Idee / Plot Was ist, wenn man plötzlich die Liebe des Lebens findet, sie aber nur wenige Tage erleben kann? Wie wird sich das Leben danach gestalten, auch wenn man denkt, dass sein Herz für immer gebrochen ist? Was wäre wenn? Schicksalhafte Momente, die das Leben in andere Bahnen lenkt. Was wäre geschehen, hätte man sich anders entschieden? Ein hochemotionales Thema, welches die Autorin hier aufgefasst hat und in einen wunderbaren kleinen Roman gepackt hat. Kann man auch jemanden lieben, bei dem man weiß, dass er eigentlich nicht derjenige ist, den man von Anfang an haben wollte. Muss es immer der Ritter in schimmernder Rüstung sein, oder kann sich die wahre Liebe auch auf einer anderen Basis begründen? Emotionen / Protagonisten Fanny war mir von Anfang an sehr sympatisch. Auch wenn sie vor ihrem Kennenlernen von Jace geglaubt hat, Liebe in der reinen Sexualität finden zu müssen. Die Mutter früh verstorben und vom Großvater verstoßen, wurde ihr ja nie richtig gezeigt, wie man wirklich liebt. Deswegen konnte ich ihr das doch recht schnell verzeihen. Ich finde sie sehr stark. Sie hat ja früh lernen müssen, auf eigenen Beinen stehen zu müssen. Sie ist ein toughes Mädchen das in ihrem Leben viel durchmachen muss, aber trotzdem nicht wirklich fähig ist mehr Selbstwertgefühl aufzubringen. Das macht sie mir sehr authentisch. Der arme Jace steht von Anfang an zwischen den Stühlen. Auf der Suche nach Anerkennung durch seinem Vater beginnt er leider einen Fehler zu machen, aber die Narben seiner Kindheit machen sein Verhalten menschlich und authentisch. Und seine inneren Zweifel kann man unheimlich gut nachvollziehen. Anfangs finde ich das Verhältnis zwischen Fanny und Jace etwas „schwanzgesteuert“, aber diese wahre Liebe zwischen den beiden ist dann doch eindeutig nachvollziehbar. Reece habe ich sofort in mein Herz geschlossen. Es kommt schon sehr gut hervor, in welcher Art und Weise er Fanny liebt und immer der Fels in der Brandung für sie sein wird. Ich finde es so großartig, wie er ihr in den schwersten Zeit das gegeben hat, was sie gebraucht hat: Geborgenheit, Liebe und einen sicheren Hafen. Und er hat erkannt, dass er Fanny wahrscheinlich nie das geben kann, was sie eigentlich will, sie aber trotzdem immer auf Händen trägt und abgöttisch liebt. Und das ist so toll! In diesem Buch ist man ständig in einem Galopp der Gefühle. Die Dramatik wird immer wieder gepeitscht, aber einzelne sehr emotionale Szenen dennoch nüchtern und ohne übertriebenem „Bohren in Wunden“ dargestellt. Ich hatte an keinem einzigen Punkt das Gefühl, es wäre zu viel oder überzeichnet. Es zeigt auch, wie sehr sich Fanny ihren eigentlichen Gefühlen verschließt und sich selber auch noch die Schuld an vielen Ereignissen und Entscheidungen gibt. Es ist trotz teilweiser Nüchternheit, die ich besonders gut finde, so emotional, so ergreifend und herzzerreissend. Auch wenn viele Schicksale aufeinandertreffen ist es so authentisch und berührend, dass diese Geschichte so tatsächlich auch im wahren Leben hätte stattfinden können. Ja, es ist schnulzig, aber man darf bei einem Buch von Emma C. Moore, und wenn man schon Finian Blue Summers kennt, nichts anderes erwarten. Handlungsaufbau / Spannungsbogen Zunächst begleiten wir Fanny und Jace bei ihrem unbeschwerten Kennenlernen. Man wird schnell in diesen sonnigen und fröhlichen Sog aus positiven Gefühlen gezogen und fühlt sich gleich mit beiden wohl. Aber Emma C. Moore lässt es nicht lange dabei bleiben und stürzt uns schon ziemlich bald in die ersten Gefühlstiefen. Man ist in diesem Gefühlssog gefangen und leidet mit Fanny und den anderen Protagonisten richtig mit. Wenn man denkt, es kann nicht schlimmer werden, schupst uns die Autorin doch noch mal einen Abgrund weiter. Aber es gibt immer wieder unheimlich feine Lichtmomente. Im Gegensatz zu Finian Blue Summers dürfen wir einem Happy End entgegen sehen, welches einen aber dennoch tief ergriffen zurück lässt – mir kommen gerade wieder die Tränen. Szenerie / Setting Wir sind in den Vereinigten Staaten zwischen großen Weingütern mit ihren riesigen Ländereien und Gutshöfen. Ich kann mir diese Umgebung ganz gut vorstellen, obwohl ich selber noch nie in der USA war. Die Autorin lässt uns hier genügend Spielraum für die eigene Phantasie, kann mir aber die unmittelbare Umgebung sehr glaubhaft darstellen. Diese Lovestory passt für mich wunderbar in dieses amerikanische Setting. Sprache / Schreibstil Auch wie bei Finian Blue Summer ist hier das Besondere zum Einen, dass der Text den Charakter von Tagebuchberichten hat, aus den beiden Perspektiven Fanny und Jace. Jedes Kapitel wechselt die Perspektive. So bekommen wir auch beide Seiten mit und Emma C. Moore kann uns damit ausgesprochen gut und flüssig durch die Handlung führen. Zum Anderen hat die Autorin auch sehr viele Zitate aus sehr vielen tollen Büchern und Werken mit aufgenommen. Sie sind ein gewisser Leitfaden durch das Buch und betonen noch mal die besondere Beziehung zwischen Fanny und Jace. Sprachlich ist es dem Tagebuchstil absolut passend, mich begeistert vor allem diese Direktheit ohne sich in einzelnen Szenen zu sehr aufzuhalten. Absolut top. FAZIT Oh mein Gott – was für ein emotionales Buch. Absolute Taschentuchgarantie, aber ohne überzeichnet zu sein. Ein Schicksal, wie es auch im wahren Leben hätte passieren können. Ein grandioses kleines Werk um Gefühle, Liebe und Verzeihen.