woerterwald
Zwischen Charlotte und Ben liegen Welten – wortwörtlich, denn sie wohnen mehr als 2 000 Kilometer voneinander entfernt. Doch wie so oft bei Internet-Freundschaften haben die beiden viel gemeinsam: Sie sind hochbegabt, Einzelkinder, haben Probleme mit der Familie und auch mit ihren Mitschüler*innen der sechsten Klassen läuft nicht immer alles rund. Kurz gesagt: Ihr Leben gerät aus allen Fugen. Aber auf eine Sache ist Verlass: Ihr Online-Scrabble-Spiel. Irgendwann fangen sie an, zu telefonieren und erzählen sich etwas übereinander, wenn auch nicht viel. Doch selbst das Bisschen, was sie sagen, entspricht nicht immer ganz der Wahrheit. Ben macht sich größer, beliebter, seine Situation stabiler. Er tut so, als würde er die Wahl zum Schülersprecher auf jeden Fall gewinnen, obwohl alle ihm das Leben schwer machen wollen. Charlotte tut so, als wären die Probleme mit ihrer besten Freundin nicht geben, als würde sie sich keine Sorgen um ihren Vater nach seiner Herz-OP machen. Dabei haben es beide nicht leicht. Aber wenn man schon eine Person hat, vor der man sein kann, was immer schon wollte – warum nicht mal probieren? Spannungsbogen: 1/5 Die meiste Zeit leben die beiden einfach nur ihren Alltag vor sich hin. Es passiert nicht großartig etwas. Das, was es in anderen Büchern als Nebenhandlung gibt ist hier die Haupthandlung, was ich sehr schade fand, da man aus der Thematik der Internet-Freundschaften so viel hätte machen können. Idee & Logik: 3/5 Wie gesagt finde ich das Thema wirklich schön gewählt und es ist auch alles plausibel. Allerdings findet die Handlung, wie sie im Klappentext angedeutet wird, so nicht statt, da Charlotte & Ben wirklich nur sehr selten miteinander interagieren. Ihre Freundschaft steht absolut im Hintergrund – eigentlich basiert sie nur aus vereinzelten Scrabble-Worten und wenigen Telefonaten. Trotzdem gefällt mir die Idee an sich sehr gut, ich hätte mir nur eben mehr Bezug zwischen den beiden Geschichten gewünscht. Charaktere: 3/5 Charlotte war mir sehr sympathisch und ich konnte mich auch recht gut mit ihr identifizieren. Mit Ben bin ich zwar nicht so ganz warm geworden, aber ich denke, das war auch so gewollt und es ist ja auch nicht so, als hätte ich ihn gehasst. Viele der Nebencharaktere mochte ich dagegen sehr gerne. (Z.B. Magda, Wyatt, die Sekretärin an Bens Schule, …) Ich habe nur leider kaum einen Bezug zu ihnen aufbauen können, ihnen fehlte eine gewisse Tiefe. Manchmal habe ich mich auch gefragt, warum sie etwas tun (Beispiel: Warum sie einander Lügen erzählen), weil das eigentlich überhaupt nicht zu ihnen zu passen schien. Atmosphäre: 4/5 Vor jedem von Charlottes Kapiteln ist ein kurzer Text gesetzt: Informationen zu etwas, was gleich vorkommt, und die sie im „Kaninchenbau“ gefunden hat. So nennt es ihr Vater, wenn sie alles Mögliche im Internet findet, das erstmal wirklich unnötig wirkt, aber doch irgendwie zu ihrem Leben passt. Das hat wirklich gut die Atmosphäre aufgebaut, die ich mir zu Charlotte vorstelle, allerdings ist diese Atmosphäre gerade bei Ben immer mal wieder verschwunden, weil man keine tiefere Beziehung zu den beiden aufgebaut hat. Schreibstil: 4/5 Den Schreibstil mochte ich ebenfalls sehr gerne. Er war flüssig zu lesen und auch recht einfach gehalten, weshalb es nie zu Verwirrung kam. Ich hätte mir nur gewünscht, dass es einen größeren Stil-Unterschied zwischen Charlottes Kapiteln und Bens Kapitel gibt. Meine Meinung: Die Autorin hat einen schönen Schreibstil und das Thema finde ich wirklich gut gewählt, aber mir hat ein wenig Handlung & Tiefe gefehlt. Es ist ein schönes, ruhiges Buch für Nebenher, das ich zum Abschalten sehr empfehlen kann, aber dem leider der gewisse „Wow-Faktor“ fehlt. ⭐️⭐️⭐️