Profilbild von ninchenpinchen

ninchenpinchen

Posted on 19.6.2020

Viktor Crime Award 2018 – ein verdienter Preis für die junge Autorin Ein rasanter, hochspannender Thriller erwartet uns hier mit einem wenig alltäglichen Thema. Fein geschrieben, alles passt. Das ist nahezu so unheimlich wie dieser Thriller. Denn wie diese junge Frau diese 300 Seiten geschafft hat, ist mir fast unerklärlich. Aber schauen wir zunächst mal, worum es überhaupt geht. Da ist ein undurchdringlicher, düsterer Wald, die nächste Ortschaft lässt sich nur motorisiert erreichen. Es gibt ein Haus und zwei Fahrzeuge. Und dann ist da noch Paps, der alles unter Kontrolle hat. Oder auch nicht? In dem Haus im Wald leben Ronja, Jannik und – wie erwähnt – Paps, die Erwachsenen. Auch Kinder leben hier: Henna, die kranke Nika und Theo, der mutige Junge. Manchmal gesellt sich ein Kätzchen dazu. Das nötige Geld, um diesen Haushalt aufrecht zu erhalten, wird in erster Linie mit dem Verkauf von Jagdbeute erwirtschaftet. Paps und Jannik sind die erfolgreichen Jäger. Ronja führt den Haushalt und kümmert sich um die drei Kleinen. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten. Der Anfang: „Wir nennen es Sonnentor – das dunkle Loch mitten im Felsen, in das Paps uns wirft, wenn wir nicht artig waren. Der Schacht führt etwa fünf Meter ins Innere des Berges hinab. Die Höhle, in die er mündet, ist eng, doch für ein zusammengekauertes Kind reicht der Platz allemal.“ Seite 153: „Wer nicht aufpasst, bemerkt es kaum, dass ein Fahrzeug im Schatten der Tannen parkt. Ein geduldiger Jäger könnte wohl Stunden an dieser Stelle verbringen, ohne die geringste Aufmerksamkeit zu erregen. Ist das der Platz, an dem das blaue Auto parkte? Jenes Auto, das der kleinen Ronja wichtig genug schien, um es auf einem Bild zu verewigen?“ Beim Lesen zieht es einen hinein, in diesen saugenden Abgrund, tief und immer tiefer in den Wald, mitten hinein in dieses klaustrophobische Geschehen, das einen nicht mehr loslässt. Alle Figuren sind so beängstigend gut gezeichnet, dass man meinen könnte, die Autorin hätte sich jahrelang intensiv mit Psychologie befasst. Und damit, wozu ein Mensch fähig ist, wenn er in die Enge getrieben wird, wie ein Tier nachts im Scheinwerferlicht. Und was er alles beachten muss, damit er dennoch unentdeckt bleibt. Und wozu frau fähig ist, wenn sie wissen will und nicht locker lässt. Jenseits aller Vernunft. Und warum manchmal doch der Verstand über die Liebe siegen muss, weil es einfach so nicht weitergehen kann. Fazit: Es hat mich lange kein Thriller so berührt, wie dieser. Mit einer Protagonistin (Ronja), deren innere Zerrissenheit den Leser schmerzt und dennoch beeindruckt. Gäbe es mehr als fünf Sterne, so gäbe ich auch die. Eine Glanzleistung, grausam und mitfühlend zugleich. Dazu mit stimmigem Cover.

zurück nach oben