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Helga

Posted on 18.6.2020

Eine sogenannte 'Rezension' über dieses Buch zu schreiben, ist nicht angemessen, da man einen so grausamen und wichtigen Lebensabschnitt eines Menschen nicht rezensieren kann. Deshalb möchte ich lediglich meine Gefühle über die tragische Geschichte von Natascha Kampusch zum Ausdruck bringen. In dem Buch beginnt sie mit der Schilderung ihrer Kindheit vor dem 2. März 1998. Ihre Eltern lebten getrennt, Liebe war ein Fremdwort für sie und sie hat sich nie wirklich erwünscht gefühlt. An dem Tag, an dem sie entführt wurde, kam ihr vorher sogar der Gedanke, einfach aus ihrem nicht sehr glücklichen Leben zu flüchten. Dass dieser März 1998 ihr komplettes Leben tatsächlich ändern sollte, ahnte sie am Morgen dieses Tages noch nicht einmal. Sie war sauer auf ihre Mutter und verließ das Haus, ohne sich von ihr zu verabschieden. Mit Gänsehaut liest man die Schilderung ihrer Entführung und all die Jahre, die sie in ihrem Kellerverlies verbringen musste. Doch man ist nicht nur ergriffen von dem, was sie erleben musste, sondern gleichzeitig bewundert man die Kraft, die in ihr steckte, um all das überleben zu können. Sie wurde von ihrem Entführer drangsaliert, psychisch gequält, musste hart arbeiten, bekam wenig zu essen und sah in den acht Jahren kaum das Tageslicht. Und dennoch hat sie soviel Stärke in sich, denn sie hatte die Hoffnung nie verloren, eines Tages aus diesem Martyrium entfliehen zu können. Nachdem sie sich selber befreien konnte, vergrub sie sich nicht in Selbstmitleid. Sie gab sich nicht auf und trotzte der Mediengesellschaften, die sich auf sie stürzte. Sie wollte keine neue Identität annehmen und woanders ein neues Leben als 'neuer' Mensch beginnen, sondern sie zeigt uns stolz mit ihrem Buch (welches sie zusammen mit zwei Co-Autorinnen in einem sehr flüssigen und atemberaubenden Schreibstil verfasste): 'Hier könnt Ihr meine Geschichte lesen! Mit dem Schreiben dieses Buches verarbeite ich die schlimmste Zeit meines Lebens, aber ich sehe zuversichtlich in die Zukunft!' Und genau das ist es, was mich zu der Aussage kommen lässt, dass Natascha Kampusch in meinen Augen von einem kleinen, schwachen und verängstigten Mädchen zu einer starken Persönlichkeit herangewachsen ist, die sich nicht unterkriegen lässt. Das Buch hat mich sehr betroffen gemacht und noch lange, nachdem ich es zuschlug, schaute ich nach draußen, blickte in den blauen Himmel vermag mir gar nicht vorzustellen, wie es wäre, all das acht lange Jahre nicht sehen zu können. In Momenten wie diesen weiß man seine Freiheit erst richtig zu schätzen. Chapeau für soviel Lebensenergie, Lebensmut, Lebensfreude und Stärke, die wohl nur wenige Menschen nach solch acht grausamen Jahren zeigen würden.

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