nonostar
Özlem ist Deutsche aber sie ist auch Türkin und dadurch auf allen Seiten immer zur Rechenschaft gezwungen. Die meisten Sätze beginnt sie mit 'meine Eltern kommen aus der Türkei' eine Art Rechtfertigung und ein Versuch sich zu identifizieren aber es ist auch eine Entschuldigung. Özlem hat keine Ahnung von der Türkei oder dem Islam und doch wird ihr genau diese Ahnung immer wieder unterstellt. Sie mit dem türkischen Namen, sie muss doch alles wissen, man brüstet sich mit der türkischen Freundin, versucht ihre Kultur nachzuahmen, dabei weiß sie doch auch nur das was ihre Eltern ihr zeigten. Sie hat einen deutschen Mann, einen deutschen Job, spricht nur schlecht türkisch und gehört doch nicht dazu. Nur sehr langsam sucht sie sich einen Weg aus der Spirale in die sie hineingeraten ist.In ihr staut sich eine Wut an,die sie nicht versteht, sie verzweifelt an ihren Mitmenschen aber auch an sich selbst. Worüber soll sie nachdenken, wenn die türkische Herkunft plötzlich nicht mehr wichtig ist, worüber soll sie sich dann definieren? Sie fühlt sich plötzlich unverstanden von ihren Freunden und auch die kommen nicht mehr richtig klar, mit der unausgeglichenen Özlem, die sich wegen jedem Wort aufregt. Worte dieunbedacht gesagt werden, aber die doch nicht Özlem betreffen, sondern nur die Anderen, die anderen Türken, die anderen Ausländer. Doch nciht Özlem, warum fühlt sie sich da so angegriffen? "Ich bin Özlem" zeigt wie es ist, zwischen zwei Kulturen gefangen zu sein und nirgends richtig dazuzugehören. Aber es hat mich mit seinem essayistischen Stil und der Nüchternheit auch irgendwie berührt. Ich habe mich heimlich dabei ertappt, dass auch mir selbst manchmal solch unbedachte Gedanken oder Worte entschlüpfen, Worte über die man nicht nachdenkt, die aber viel Gewicht haben. Es lässt mich mein eigenes Verhalten kritisch betrachten und lässt mich weiterdenken, über den Tellerrand hinaus wie man so schön sagt. Özlem hat mich in ihrer Identitätskrise nicht kaltgelassen, die Frage nach der Vergangenheit und worüber man sich als Person definiert ist keine einfache, ganz unabhängig von Religion oder Herkunftsland der Eltern. Aber dennoch fällt es einem vielleicht leichter, wenn man nicht durch einen Namen oder andere Merkmale heraussticht. Doch "Ich bin Özlem" zeigt auch, dass man sich nicht verlaufen darf bei der Suche nach der Herkunft, dass man sich nicht über andere definieren darf, sondern seinen eigenen Weg finden muss. Dilek Güngör hat meiner Meinung nach hier ein sehr gutes Buch geschaffen, das den Leser trotz der Nüchternheit mit der sie schreibt, wachrütteln und zum Nachdenken animieren kann.