Akantha
„Wild Games – In einer heißen Nacht“ ist der erste Teil von Jessica Clares „Wild Games“ – Reihe. Da der Folgeband aber andere Protagonisten hat, die aus Teil 1 nicht bekannt sind, können die Romane auch unabhängig voneinander gelesen werden. Die Protagonistin ist Abby, Buchrezensentin für ein großes Medienunternehmen. Dieses produziert auch die Reality Show „Endurance Island“, bei der 24 Kandidaten auf einer Insel mehrere Wochen lang gegeneinander antreten, um 2 Millionen Dollar zu gewinnen. Abby soll auf Wunsch ihrer Chefin dort als Insiderin mitmachen. Kaum geht es los, trifft sie mit Dean aufeinander: gut aussehend, aber auch wahnsinnig arrogant. Er ist ihr erklärter Feind, doch dann funkt es zwischen den beiden auf eine andere Art. Der Roman ist komplett aus Abbys Perspektive geschrieben. Jedes Kapitel startet aber mit ein bis zwei Sätzen aus Interviews, die zwischendurch mit Dean geführt werden. Das gibt einen kleinen Einblick in seine Gefühlswelt, kann Abby doch immer nur spekulieren, was er empfindet. Abby fand ich am Anfang sehr sympathisch. Sie ist clever, witzig, frech, sagt, was sie denkt und lässt sich nichts gefallen. Doch circa in der Mitte des Buches vollzieht sie eine Wendung, die ich absolut nicht nachvollziehen kann. Es ist toll, wenn sich Charaktere entwickeln und auch Wendungen sind in Ordnung, aber diese müssen glaubhaft sein. Abby hat für mich in dem Zeitpunkt total an Authentizität verloren – es war, als wäre sie eine ganz andere Person als vorher. Es gibt zwei Teilnehmer, die Abby etwas näher kennenlernt und auch mit diesen werde ich leider nicht richtig warm. Was sie sagen und tun soll vermutlich nett und freundlich erscheinen, aber auf mich wirken sie nur wie Roboter, die Sätze vorlesen und nichts dabei empfinden. Ein weiterer großer Störfaktor für mich ist, dass alles so wahnsinnig schnell geht. Dass die Story bis zur Anreise auf der Insel gestrafft wird, finde ich super, geht es doch dann erst richtig los. Aber auch danach bleibt das Tempo sehr hoch. Die Beziehung zwischen Abby und Dean verändert sich rasend schnell und auch die einzelnen Tage auf der Insel werden von der Autorin zügig, fast schon oberflächlich, abgehandelt, teilweise auch mit sehr großen Sprüngen dazwischen. Die Probleme, denen die Kandidaten auf der Insel gegenüberstehen werden kurz angerissen, aber das ganze daraus erwachsende Konfliktpotenzial geht verloren. Die Idee der Reality Show auf der Insel fand ich hervorragend, weil gerade das lange und entbehrungsreiche Miteinander zu großen Spannungen führen kann. Hier wurde sehr viel Potenzial verschenkt. Abby, beziehungsweise der Leser, trifft kaum auf andere Teilnehmer, geschweige denn, dass er sie gut genug kennenlernt, um sich eine Meinung zu bilden. Die entstehende Liebesgeschichte hat mich zudem einfach nicht überzeugt. Es wurde alles irgendwie zurechtgebogen, um am Ende einen Deckel draufsetzen zu können. Abbys Charakter wurde komplett verändert, Dean war charakterlich für mich ganz distanziert und zu jeder Zeit austauschbar. Wendungen in der Geschichte wirkten total konstruiert und auch am Ende erscheinen mir einige Schlussfolgerungen unlogisch und ich bleibe mit vielen Fragen zurück. Im Ergebnis komme ich somit leider zu 2 von 5 Sternen. Die Idee war wahnsinnig interessant und auch der Charakter von Abby anfänglich gelungen. Alles was folgt, wirkt entwurfsweise aufgeschrieben und die Story fühlt sich roh und unfertig an. Da hätte man sehr viel mehr draus machen können.