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dramaya

Posted on 12.6.2020

Starke Symbolik auch über den Inhalt des Buches hinaus Die Autorin Basma Abdel Aziz lässt mich nach der Lektüre von “Das Tor” in einem etwas hilflosen Zustand zurück. Und doch passt dieser Zustand auf erschreckende Art und Weise wunderbar zur Thematik des Buches: Die Autorin entwirft eine dystopische Geschichte rund um das Tor, zu dem die Bürger des nicht näher benannten Landes wegen jeder Kleinigkeit müssen, um sich eine Genehmigung des Staates zu holen – und zwar für fast alle Aspekte des Lebens, begonnen bei der Erlaubnis Brot zu kaufen bis hin zur Erlaubnis lebensrettender Operationen. Das Problem: Das Tor hat sich seit Niederschlagung der Revolution nicht mehr geöffnet und die Schlange vor dem Tor wird von Tag zu Tag länger. Die Autorin kreirt eine sehr starke Symbolik, um die Zustände des totalitären Staates zu versinnbildlichen. Diese Symbolik scheint aber weit über die im Buch beschriebenen Aspekte hinauszugehen und auch das nicht-gesagte zu umfassen: Ein Aspekt ist das Nicht-Wissen der Protagonisten, das tägliche Hoffen und Bangen auf die Öffnung des Tores, das Nicht-Wissen um die Wahrheit hinter unterschiedlichen Anschlägen und der Funktion des Systems aber auch das Nicht-Wissen des Lesers. Als Leser erfährt man in einem recht nüchternen, berichtenden Stil über die Ereignisse vor dem Tor oder rund um einige der Protagonisten, aber keine weiteren Hintergründe. Auch ein anderer Aspekt fiel mir bezüglich der starken Symbolik des Buches auf: Das Warten an sich (vermutlich heißt das Buch daher auch im Englischen “The Queue” – die Warteschlange); sowohl das Warten in der Warteschlange für die Protagonisten im Buch, als auch das Warten auf Beantwortung der vielen Fragen, die sich während des Lesens ergeben. Für den Leser werden diese Fragen aber auch bei Beendigung des Buches nicht zufriedenstellend beantwortet und sorgen somit bei mir für einen zusätzlichen Nachhall des Buches und einen enormen Interpretationsspielraum. Ich kenne bisher kaum ein Buch, dass auf diese Art mit der Symbolik spielt – wirklich sehr beeindruckend! Bei diesem Buch handelt es sich aber keines Falls um leichte Lektüre. Thematisch handelt es sich um einen sehr anspruchsvollen Roman, der eine allumfassende trostlose, bedrückende und sehr einnehmende Stimmung verbreitet und sehr zum Nachdenken anregt. Aber auch der nüchterne Schreibstil der Autorin gestaltet die Lektüre nicht immer leicht. Manche Passagen empfand ich als sehr schwer zu lesen und auch sehr schwer zu verstehen oder thematisch einzuordnen, was aber auch an der Übersetzung aus dem arabischen liegen kann. Zudem bin ich über ein paar logische Ungereimtheiten gestolpert, die meinen Lesefluss doch etwas gestört haben. Trotz einiger Schwächen in der Umsetzung kann ich das Buch aufgrund der großartigen Symbolik empfehlen. Die vollständige Wirkung hat sich bei mir allerdings erst nach Beendigung des Buches eingestellt ;) Also: unbedingt durchhalten!

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