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Akantha

Posted on 11.6.2020

Der "schönste Turm der Christenheit", das Freiburger Münster, wird in Astrid Fritz neuem Roman "Der Turm aus Licht" über 60 Jahre lang, bis 1330, gebaut. Neben dem Bau begleiten wir die Schicksale von Baumeistern, Handwerkern, Kaufleuten und auch der Grafenfamilie, deren aller Leben dieser Bau geprägt hat. Die umfangreiche Geschichte hat die Autorin in drei Bücher unterteilt: "Liebfrauen", "Himmelwärts" und "Glaube, Hoffnung, Liebe". Abgerundet wird der Roman durch eine umfassende Ausstattung: ein ausführliches Personenverzeichnis unterteilt in die drei Bücher, ein detailliertes Glossar und - für mich bei historischen Romanen besonders wichtig - ein aufschlussreiches Nachwort der Autorin, welches vor allem Fakt und Fiktion trennt. Ein kleines Highlight findet sich ganz hinten, denn in der hinteren Innenseite befindet sich ein Foto aus dem inneren des Turms, welches Astrid Fritz selbst gemacht hat. Astrid Fritz schafft es, die Geschichte des Turms ohne viele Längen zu erzählen. An den richtigen Punkten wählt sie passende Zeitsprünge aus, sodass sich diese 800 Seiten eigentlich nur wie 500 anfühlen, so schnell schreitet die Geschichte voran. Dabei helfen auch die Charaktere, welche die Autorin erschaffen hat. Es gibt nicht einen oder zwei Protagonisten, sondern eine ganze Handvoll, denn so eine lange Bauzeit hat immer mehrere Generationen begleitet: wer zu Beginn dabei war, konnte die Vollendung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr erleben. Diese Realität spiegelt sich auch beim Bau des Münsters und in Astrid Fritz Roman wieder. Manche Charaktere sind dabei sympathischer als andere, aber auch ein guter Bösewicht, auf den die Leser/innen ihre Abneigung richten können, ist eine Bereicherung für die Geschichte. Zwei Dinge haben mir nicht so gut gefallen: Im letzten Buch, "Glaube, Hoffnung, Liebe", legt die Autorin ganz bewusst einen Fokus auf das Zwischenmenschliche und der Bau rückt in den Hintergrund. Das ist einfach Geschmackssache, aber, obwohl ich die Figuren und ihre persönlichen Geschichten sehr genossen habe, fehlt mir hier die anfängliche Faszination und Begeisterung für den Bau und dessen detaillierte Schilderung. Des Weiteren waren vor allem in den letzten Kapiteln einige Charaktere in ihren Entscheidungen und Handlungen nicht mehr nachvollziehbar. Die absolute Kehrtwende eines Charakters kann Sinn machen, muss aber nachvollziehbar und authentisch sein. Das habe ich allerdings nicht immer so empfunden, wodurch mir das Ende im Ausgang zwar gefallen hat, der Weg dahin aber eher holprig und künstlich wirkte. Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen, denn Astrid Fritz hat eine umfangreiche Historie gut auf den Punkt gebracht, dem langen Bau Leben eingehaucht und vor allem einige gute Geschichten erzählt. Meine Kritikpunkte sind dagegen nur klein und ich freue mich auch ihren nächsten Roman - welches Projekt auch immer sie in Angriff nehmen wird.

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