Profilbild von seehase1977

seehase1977

Posted on 9.6.2020

Ein wunderschöner Roman voller Traurigkeit und Leid und doch eine Hommage an die Liebe Prag in den 1930er Jahren. Die junge Lenka wächst behütet und glücklich in ihrer jüdischen Familie auf. Sie beginnt ein Kunststudium und verliebt sich in den Medizinstudenten und Bruder ihrer Freundin. Josef und Lenka heiraten, als das Leben in Prag für die jüdische Bevölkerung immer mehr zum Spießrutenlauf wird. Josef will mit seiner Familie und Lenka in die USA emigrieren, doch die junge Frau will ihre Familie nicht im Stich lassen. Zusammen mit ihren Eltern und ihrer Schwester durchlebt sie eine grausame und menschenunwürdige Zeit in verschiedenen Konzentrationslagern. Lenka überlebt und beginnt nach dem Krieg ein neues Leben in den Vereinigten Staaten. Weder Josef noch Lenka haben einander in den vergangenen 60 Jahren je vergessen und keiner der beiden ahnt, dass der andere noch am Leben ist. Bis sie sich an einem schicksalhaften Tag im Jahr 2000 in New York zufällig begegnen… Meine Meinung: „Abschied in Prag“ von Alyson Richman war für mich wieder einmal ein Ausflug in ein anderes Genre. Obwohl ich anfangs etwas skeptisch war. Schon wieder ein Roman aus dem dritten Reich, schon wieder Leid, Trauer, unfassbare Gräueltaten an Millionen von Menschen, Tod, will ich das wirklich lesen? Ich wollte und ich bin froh darüber, denn Richman hat mich mit ihrem Roman und der Geschichte von Lenka und Josef sehr berührt. Gefühlvoll und atmosphärisch erzählt die Autorin aus der Sicht der Protagonisten Lenka und Josef deren Lebensgeschichten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Richman beschreibt Lenkas behütete Kindheit, ihr Kunststudium, das erste Zusammentreffen mit Josef. Dann die Schrecken, den Hunger und die Gräueltaten des 2. Weltkriegs in den tschechischen Konzentrationslagern die die junge Frau hautnah und am eigenen Leib verspüren muss und als einzige aus der Familie überlebt. Alyson Richman verzichtet gekonnt darauf, die grausamen Vorkommnisse in den KZs bis ins kleinste Detail zu schildern, doch das ist auch überhaupt nicht notwendig. Jeder weiß, welche unglaublichen Verbrechen damals geschehen sind. Josef hingegen gelingt es, in die USA zu flüchten. Er führt ein ruhiges Leben als Arzt für Geburtshilfe, gründet eine Familie und kann Lenka doch sein ganzes Leben nicht vergessen, tief in seinem Herzen ist sie immer seine Geliebte und Ehefrau und er kann die in Gedanken immer noch riechen und fühlen, auch dann noch, als er längst ein alter Mann geworden ist. Mein Fazit: „Abschied in Prag“ ist ein ganz wundervoller Roman der mich sehr berührt hat, vor allem, nachdem ich im Nachwort erfahren habe, dass es so eine ganz ähnliche Liebesgeschichte tatsächlich gegeben hat. Was mussten diese Menschen für Qualen ertragen, kaum vorstellbar. Alyson Richmans Roman ist voll bewegender Gefühle, voll Trauer, Leid und Tod und doch auch eine Geschichte voller Hoffnung und eine Hommage an die Liebe. Von mir gibt’s eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

zurück nach oben