literary_marie
Der Gesetzlose wird überall gefürchtet. In den Städten schließen die Geschäfte früh, Kindern werden Gruselgeschichten von ihm erzählt und Reisende sind immer auf der Hut, eventuell ausgeraubt werden zu können. Mehrere Jahre leben die Menschen in Angst, bis eines Tages ein Fremder in die Stadt geritten kommt und versucht, ihnen die frühere Lebensfreude zurückzugeben. In wunderschönen Wasserfarben und mit der Technik des Zeitungsdrucks wird die Atmosphäre des 19. Jahrhunderts wunderbar eingefangen und spiegeln die Stimmung der Geschichte wider. Obwohl der Fremde an einem heißen Tag in die Stadt einreitet, ist das Kinderbuch in kalten Farben gehalten: Weiß, grau und viele Blautöne werden verwendet, um auf der einen Seite die Kaltherzigkeit des Gesetzlosen zu repräsentieren und auf der anderen Seite die Freundlichkeit des Fremden zu zeigen. Die verwendete Schriftart ist ebenfalls besonders, da diese früher auf den sogenannten „Wanted“-Plakaten benutzt wurde und somit Vorsicht und Respekt bei den Lesern hervorruft. Der Outlaw von Nancy Vo ist eine Geschichte über Fehlverhalten, Vergebung und zweite Chancen. Wegen der künstlerisch aufwendigen Bilder habe ich das Buch mehrmals gelesen – einmal nur für den Text und einmal für die Geschichte, die nicht mit Worten ausgedrückt wird. Die Autorin hat zwei Handlungsstränge clever miteinander verbunden: Es gibt den Fremden, der den Stadtbewohnern zeigt, dass jeder eine zweite Chance verdient hat und es gibt einen kleinen Jungen, der mit Hilfe einer neuen Freundschaft eines Besseren belehrt wird. Durch die Verwendung von verschiedenen Zeichen- und Druckstilen, sind die Bilder teilweise so aussagekräftig, dass Der Outlaw nur wenige Sätze beinhaltet und seine Motive für sich sprechen lässt. Nancy Vo hat ein Kinderbuch herausgebracht, das nicht nur die Kleinen beeindruckt sondern auch Erwachsene zum Nachdenken anregt. Ich blättere mich immer wieder gern durch die wenigen Seiten und habe jedes Mal das Gefühl, etwas Neues zu entdecken.