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patricianossol

Posted on 5.6.2020

Lust auf eine unterhaltsam-literarische Städtereise mit Zwischenstopps in der Vergangenheit? Kürzlich ist beim Heyne Verlag die fünfte „Lesereise“ dieser Art von Buchautorin Teresa Simon erschienen. Nach Dresden, Hamburg, München und Berlin, geht es nun mit der Lilienbraut nach Köln. Wer von einem individuellen Parfüm träumt oder an einem Duftseminar teilnehmen möchte, wird bestimmt im Stadtteil Ehrenfeld fündig. Hier hat im Mai 2019 ein kleiner Laden eröffnet. Inhaberin Liv ist Parfümeurin und hat sich mit dem Erbe ihrer Tante einen Lebenstraum erfüllt. Das Geschäftsmodell scheint aufzugehen. Auch privat geht es für die Niederländerin wieder bergauf. Doch dann begegnet sie zufällig einer älteren weißhaarigen Frau, die bei ihrem Anblick schockiert ist und Liv sogar anfeindet. Wer ist diese geheimnisvolle Frau und was verbindet sie mit Liv? Handelt es sich eventuell um eine Verwechslung? Wie hängt Livs Geschichte mit der der jungen Nellie Voss zusammen, die in den 1940er Jahren beim Parfümhersteller 4711 arbeitet und ebenfalls ein Gespür für Düfte besitzt. Als damals Chefparfümeur Luuk van Geeren Nellies Talent entdeckt, weiht er sie in die Kunst der Düfte ein. Währenddessen verschärfen sich die Lebensbedingungen in Köln. Der zweite Weltkrieg tobt und Nellie ist unglücklich verliebt. Teresa Simon erzählt in zwei Zeitebenen. Die Handlung wechselt zwischen Livs Geschichte in der Gegenwart und Nellies Geschichte in der Vergangenheit. Mit Spannung verfolge ich die Schilderungen der Ereignisse der Weltkriegsjahre, die sich im Laufe des Romans dramatisch zuspitzen. Es sind Schicksale, wie z.B. das von Nellis Freundin Greta, die mich emotional berühren. Wieder baut die Buchautorin historische Fakten in ihre fiktive Story ein, die zur tieferen Recherche animieren. So lerne ich z.B. erstmals die Edelweißpiraten kennen. Außerdem beschreibt Teresa Simon die Stadt Köln in imposanten Bildern. Nach wenigen Seiten bin ich gedanklich mitten im Geschehen. Das Gelesene wirkt realitätsnah. Schnell freunde ich mich mit Liv und ihrem kleinen Sohn an und versuche mit ihr einen Familiengeheimnis aus der Vergangenheit auf die Spur zu kommen. Kapitel für Kapitel wird klarer, dass die beiden sympathischen Frauen Liv und Nellie mehr verbindet als nur ihr feines Näschen für Düfte. Die Charaktere, besonders auch die Nebenrollen sind eindrucksvoll besetzt. Beispielhaft sei hier die junge Muslimin Nouria erwähnt, deren Herzlichkeit und Einsatzfreunde ansteckend wirkt. Ich mag die Teresa Simon Romane. Obwohl sie sich im Grundgerüst ähneln, verleiht die Autorin jeder Geschichte ihre einzigartige Note. Sie schafft es immer, mich bis zur letzten gelesenen Seite zu fesseln. Am Ende bin ich neugierig, in welche Stadt sie mich im nächsten Roman reisen lässt. „Dufte“ Lektüre voller großer Gefühle und dramatischer Wendungen, eingebettet in ein stimmungsvolles historisches Ambiente.

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