Profilbild von Babscha

Babscha

Posted on 31.5.2020

Die Altruisten, das sind hier die Alters (kleines Wortspiel), eine jüdische Familie von heute aus St. Louis, USA. Da ist Mutter Francine, eine abgeklärte Paartherapeutin, geprägt durch ungute Kindheitserfahrungen, dem Konsum und guten Leben durchaus zugetan und gefangen in einer unglücklichen Ehe. Dann Vater Arthur, Gastprofessor an der regionalen Universität, seit 15 Jahren vergeblich auf eine Festanstellung wartend, mittlerweile 65 Jahre alt, ein versponnener, besserwisserischer Tagträumer mit temporärem Realitätsverlust, dabei geizig, an seiner Familie nie wirklich interessiert, seine Ehefrau mit einer Jahrzehnte jüngeren Unikollegin betrügend, ein echter Unsympath. Tochter Maggie, die Jüngste, Collegeabschluss in Amerikanistik, mit krankhaft ausgeprägtem Helfersyndrom gegenüber allen irgendwie Bedürftigen, aufgrund ihrer latenten Aggression gegenüber allen Andersdenkenden ohne Freunde, bewusst am Existenzminimum krebsend, ohne Job, magersüchtig, auf der Suche nach dem Sinn des großen Ganzen. Und ihr älterer schwuler Bruder Ethan, von klein auf kompliziert, unverstanden und unsicher, gegängelt von seinem Vater, nach der Uni eine Zeitlang in der Spur, heute ein passiver, arbeitsloser, hochverschuldeter Einsiedler. Nach dem Krebstod der Mutter bricht die ohnehin kaputte Restfamilie vollends auseinander, die Kinder ziehen nach New York, brechen den Kontakt zum Vater nach Bekanntwerden seiner Affaire ab. Arthur erkennt, dass er das schicke, immer schon überdimensionierte Haus der Familie nicht allein weiter halten kann und schmiedet den perfiden Plan, seine Kinder unter dem Deckmantel eines Versöhnungswunsches nochmal zu sich einzuladen, um ihnen sodann deren von der Mutter direkt erhaltenes Erbe abzupressen. Eine typisch amerikanische Familienstory, wie man sie so schon öfter gelesen hat. Leider fehlt es ihr im Gegensatz zu einigen ähnlichen Werken deutlich an Dramatik und Tiefgang, stattdessen hat der Autor in seinen Debütroman einfach zu viel rein gepackt, die Figuren bleiben überzeichnet, sonderbar eindimensional und beliebig, alles verwässert irgendwie, und dann wird die teils zähflüssige story auch noch durchgängig unterlegt durch die hier abermals breit getretenen, hinlänglich aus der Belletristik bekannten teils sonderbaren Stereotypen amerikanischer Juden der Upperclass. Altruistisch ist hier wahrlich keiner, selbst die Tochter nicht, die ihre Vorteile letztlich auch zu nutzen weiß. Und wer denkt, dass sich das Ganze wenigstens zum Ende hin mit einem richtig coolen showdown überraschend und überzeugend auflöst, wird abermals massiv enttäuscht. Langweiliger und unglaubwürdiger als hier kann man ein Buch nach immens langem Vorlauf kaum zu Ende bringen. Alles in allem dünne Unterhaltung und absolut verzichtbare Lektüre.

zurück nach oben