seeker7
Dieser Leser passte nicht zu mir. Schade! Dabei hat sich mein Autor so dolle angestrengt. In mir werden gleich sechs verschiedene Geschichten erzählt, mit unterschiedlichen Grundthemen und aus verschiedenen Zeiten. Es geht um eine wichtige Entwicklungsphase eines jungen Mädchens, um snobistische Studenten, einen engagierten Kriegsreporter und einen frustrierten Schriftsteller. Dann wird in einem meiner Kapitel erklärt, wie das alles zusammenhängt: Der Kampf zweier übersinnlicher Bruderschaften ist nämlich auf geheimnisvolle Weise mit dem Schicksal einiger Menschen, von denen ich berichte, verbunden. Und zum Schluss (das Mädchen vom Anfang ist inzwischen richtig alt) wird in mir ich sogar noch einen Blick in die - alles andere als rosige - Zukunft der Menschheit geworfen. Der Typ, der mich geschrieben hat, versteht wirklich sein Handwerk. Er hat eine irre Fantasie und kann wirklich gut mit Sprache umgehen. Wie muss man drauf sein, um davon nicht begeistert zu sein?! Also dieser Leser war tatsächlich schwierig. Für ihn war das gar nicht so attraktiv, dass er eigentlich gleich sechs ganz verschiedene Buchsorten auf einmal bekam. Er sah darin nicht so einen großen Gewinn. Weil er nämlich gar nicht alle diese Varianten mag. Dabei war es gar nicht so, dass ihn alle meine Themen unberührt ließen. Die Sache mit dem Irakkrieg fand er durchaus relevant, die Literaturszene und die drohenden Zukunftsrisiken interessierten ihn auch. Aber dann störte er sich plötzlich an einer angeblichen Weitschweifigkeit oder Redundanz. Besonders bei den Dingen, die über den normalen Horizont hinausgehen, ist er viel zu kritisch und engstirnig. Wenn man schon die Realität verlässt - so denkt er - dann sollte man daraus irgendeinen Nutzen (eine Erkenntnis?) für das echte Leben ableiten können. Als ob man nicht auch einfach mal ein bisschen rumfabulieren könnte - so aus Spaß an der Freud. Komischerweise nerven ihn besonders sämtliche Varianten von Kampfbeschreibungen: In diesen Höhepunkten, wo jeder normale Leser vor Spannung zittert, langweilt er sich fast zu Tode. Wo man doch bis zuletzt nie weiß, ob die Heldin - gegen jede Wahrscheinlich - überlebt. Ein seltsamer Mensch… Ich habe wirklich andere Leser verdient. Solche, die sich einfach auch mal einlassen können, die eben mal abschalten wollen von der schnöden Alltäglichkeit und der nüchternen Rationalität. Die nicht immer nach dem Nutzen suchen oder nach der Botschaft. Zum Glück gibt es jede Menge solcher Leser. Und richtige professionelle Kritiker finden mich übrigen auch toll. Es ist nämlich modern, so querbeet durch die Genres hüpfen. Soll der Typ doch einfach was anderes lesen!