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Dreamworx

Posted on 30.5.2020

Eine gefährliche Liebe 1922. Leo Lanteri, der Erbe einer Olivenplantage, wird von seinem Vater aus der Schusslinie katapultiert und ins sardische Sassari geschickt, nachdem er in seiner ligurischen Heimat Sant’Amato im Affekt den neuen Verlobten seiner Ehemaligen Silvia getötet hat. Leo, ein Kriegsveteran, der noch immer unter den Folgen seiner Erlebnisse leidet, fühlt sich von Anfang an in dem kleinen Ort unwohl, wo immer mehr Einwohner Mussolini sowie seine faschistische Politik unterstützen. Bei dem Besuch des Landgutes der Familie Soriga, wo Leo sich die Olivenstöcke der „Pecora nera“ ansehen möchte, trifft er auf die Tochter des Hauses Gioia. Schon beim ersten Blickwechsel verlieben sich Leo und Gioia Hals über Kopf ineinander. Aber Gioia ist mit dem Pferdezüchter Gavino Marras verlobt und soll diesen in einer Woche heiraten, um die Familienfehde zwischen den Sorigas und den Marras zu beenden. Wird die Hochzeit wirklich stattfinden, oder findet Leo einen Weg, mit Gioia glücklich zu sein? Grit Landau hat mit „Die sardische Hochzeit“ einen sehr unterhaltsamen, spannenden Roman vor historischem Hintergrund vorgelegt, der von der ersten Zeile an zu fesseln weiß. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sofort in die Handlung eintauchen und nicht mehr hervorkommen, bis dieser absolute Pageturner beendet ist. An der Seite von Leo erlebt der Leser nicht nur seine Ankunft auf Sardinien, sondern nimmt hautnah an seinen Gedanken und inneren Kämpfen teil, die ihm das Leben zur Hölle machen. Aber ebenso darf man miterleben, wenn Leos Blick zum ersten Mal auf Gioia trifft oder seine Sympathie für Gavino Marras sich offenbart. Landau weiß geschickt mit den Emotionen zu spielen, erzählt ihre Geschichte so, dass der Leser alles wie einen Kinofilm vor dem inneren Auge mitverfolgen kann und gespannt darauf wartet, ob das Pulverfass, auf dem Leo sitzt, hochgehen wird. Auch die sardischen Gebräuche und Mythen, die jedem Kapitel voranstehen, entfalten sich innerhalb der Geschichte und machen dem Leser so manche Handlungsweise besser zugänglich. Gleichzeitig hat Landau den von ihr exzellent recherchierten politischen und gesellschaftlichen Hintergrund so gut mit ihrer Handlung verwoben, dass man als Leser auch noch eine Zeitreise in die Vergangenheit antritt in eine Gemeinschaft voller alter Werte und Traditionen, die sich durch die Machtergreifung Mussolinis in einem Spaltungsprozess befindet. Die Charaktere sind fein nuanciert und liebevoll in Szene gesetzt worden. Sehr lebendig, glaubwürdig und vor allem authentisch nehmen sie den Leser schnell für sich ein, der so die Möglichkeit erhält, mit ihnen zu fühlen und zu fiebern. Leo ist ein gebrochener Mann, der nicht nur durch seine Kriegserlebnisse gebrochen wurde, sondern sich auch durch sein ungezähmtes Wesen in Schwierigkeiten gebracht hat. Äußerlich wirkt er zurückhaltend, jedoch brodelt es in ihm und macht ihn unberechenbar. Er liebt den Jazz und seine ligurische Heimat, die er schrecklich vermisst. Gioia ist eine sehr musikalische Frau. Sie soll eine Vernunftehe mit ihrem Schulfreund eingehen, um es der Familie recht zu machen, dabei würde sie lieber heute als morgen aus Sassari verschwinden und in die Stadt ziehen, wo mehr Leben und vor allem Musik ist. Teresina Soriga ist die Patriarchin des Hauses und wirkt wie eine alte Hexe. Boi ist ein Angestellter Sorigas, der eine schmierige undurchsichtige Art an sich hat. Gioias Verlobter Gavino hat gerade sein Jurastudium beendet. Er befindet sich wie Gioia in einer Zwickmühle. Weitere Nebendarsteller haben ebenso einen berechtigten Platz in dieser durchweg faszinierenden Geschichte. „Die sardische Hochzeit“ ist ein fesselnder Roman vor historischem Hintergrund, der Einblick gibt in alte sardische Traditionen und gesellschaftliche Bande. Die Autorin hat politische Gegner, alte Familienfehden und –geheimnisse, Intrigen sowie die Liebe wunderbar miteinander verbunden und bietet dem Leser ein buntes und sehr packendes Spektrum. Sehr gelungen, Chapeau!

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