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phantastische_fluchten

Posted on 30.5.2020

Vor über 400 Jahren wurden die Besessenen unter großen Opfern besiegt. Seitdem liegt die Welt Grimm nur noch untereinander im Krieg, nicht ahnend, dass sich im Reich Ferocia eine neue Gefahr sammelt. Die Königreiche sind nicht in der Lage, ihre Feindseligkeiten untereinander einzustellen, so sehr Königin Constance auch zu vermitteln versucht. Die arroganten Herrscher sind sich sicher, dass ihre Kampfmagier mit ihren Drachen jeder Gefahr gewachsen sind. Erst als Illicia und Beltane schon fast in der Hand des Feindes sind, erkennen sie, dass sie die sich nähernde Gefahr unterschätzt haben. Kampfmagier sind selten geworden und ohne diese können die Menschen den Besessenen nicht widerstehen. Die Feinde strahlen eine lähmende, alles beherrschende Angst aus, der ein Mensch nicht standhalten kann. Nur unter dem Schutz eines Kampfmagiers können menschliche Heere den Bestien entgegentreten. In dieser Zeit wächst Falco Dante auf. Sein Vater war ein Kampfmagier, der sich gegen seine Gefährten gewendet und alle getötet hat. Die Taten seines Vaters belasten den schwächlichen und kranken jungen Mann, der von den meisten Menschen gemieden wird. Nur der Sohn des Schmiedes, Maleki, mit dem Falco von Kind an befreundet ist, sieht das Potential in Falco. Und auch der Abgesandte der Königin, als dieser nach Caer Dour kommt, um Schüler für die Kriegsakademie in Grimm auszusuchen. Entgegen aller Widerstände nimmt der Ritter den jungen Mann mit, in dem alle nur einen Versager und potentiellen Verräter sehen. Doch bald zeigt sich, dass Sir William eine gute Entscheidung getroffen hat. Kommentar: Selten hat mich 2019 ein High Fantasy Buch so in Atem gehalten wie dieses Buch. Die Geschichte ist sicher nicht sehr innovativ. Ein Außenseiter und Versager, ein kränklicher und schwächlicher Junge, der zum Helden wird. Aber die Art und Weise, wie der Autor dies erzählt ist wirklich unglaublich spannend. Dazu kommt, dass die Charaktere den Leser sehr ansprechen. Das gilt sogar für die Nebencharaktere wie den alten Simeon, der Falco ein Heim gibt, sowie dessen Haushälterin Fossetta, die dem Jungen die Liebe einer Mutter schenkt. Ebenso für den Adeligen Julius Merrywaether und seinen behinderten Sohn Tobias, die sich von den Launen des Adels nicht beeinflussen lassen und ihrem Herzen folgen. In der Akademie freunden sich Alex Klingemann und sein Bruder Quirren mit den drei Außenseitern aus Caer Dour an. Maleki, Sohn eines Schmiedes, soll die Chance erhalten, zu einem Ritter ausgebildet zu werden. Ein Schlag ins Gesicht der adeligen Sprösslinge, die den jungen Mann verachten. Die junge Berwyn ist eines der wenige Mädchen, die es geschafft haben, an der Akademie angenommen zu werden. Für die verwöhnten Schnösel dort ist sie lediglich ein Opfer und die Zielscheibe ihres Spotts. Und Falco, der schon in seiner Heimatstadt gehänselt und verspottet wurde, erkennt schnell, dass sich an seiner Lage kaum geändert hat. Niemand, vor allem er selbst nicht, glaubt daran, dass der Sohn eines Verräters zum Kampfmagier ausgebildet wird. Nur ein Magier kann jemanden zu einem Kampfmagier ausbilden und die Magier der Stadt Grimm sind alle gegen die Ausbildung des Verräters. Umso überraschender kommt es für alle, dass sich der Magierlehrling Meredith Saker bereit erklärt, Falco zu unterrichten. Und auch der alte Kampfmagier Aurelian stellt sich auf die Seite des Jungen und bringt ihm die Grundlagen eines Kampfmagiers bei. Entgegen aller Erwartungen entfaltet Falco ein ungeheures Potential. Aber die letze Hürde kann er nicht nehmen, da er sich selber im Weg steht. Er blockiert sich, da er Angst hat, zu einem Verräter wie sein Vater zu werden. Ich liebe Drachen und habe mich sehr auf einen Drachenroman gefreut. Allerdings spielen sie in diesem Band noch keine große Rolle. Ein Kampfmagier geht eine lebenslange Verbindung mit einem Drachen ein und im Kampf verschmelzen sie zu einer Einheit. Nur ein Kampfmagier mit seinem Drachen kann gegen einen Dämon bestehen und die Krieger vor der Welle der Angst abschirmen, die ein Heer von Besessenen ausstrahlt. Aurelian ist ein alter Kampfmagier, der im Krieg verkrüppelt wurde, ebenso wie sein Drache Dvimervane. Der schweigsame Nicolas Dusaule, der im Kampf seinen Drachen verloren hat, ist Zuschauer bei der Ausbildung des Jungen. Der Verlust eines Drachen hinterlässt eine tiefe Trauer und unendliche Leere in einem Kampfmagier, erneut einen Drachen zu rufen ist jenseits ihrer Möglichkeiten. Der Autor gibt den Charakteren einen unglaubliche Tiefe. Ich hatte mehrmals Tränen in den Augen, wenn Falco wieder vor einer ausweglosen Situation stand, gehänselt und gedemütigt wurde oder an sich selbst zweifelte. Drei Außenseiter, die es mit der Welt aufnehmen. Aber was für Außenseiter! Es ist unglaublich spannend zu lesen, wie diese Drei nach und nach den Respekt ihrer Mitschüler gewinnen und ihren Weg gehen. In diesem ersten Band geht es lediglich um die Ereignisse in Caer Dour und in der Kriegsakademie. Um die Entwicklung dreier Menschen, die zuerst an sich selbst glauben müssen, bevor sich ihre Fähigkeiten voll entfalten können. Die nach und nach den Respekt und die Anerkennung ihrer Umgebung gewinnen und ihren Platz im Leben finden. Wie gesagt, es ist nicht innovativ aber unglaublich spannend erzählt. In der Übersetzung kommt es leider oft zu Wortdoppelungen und am Ende zieht sich die Geschichte etwas in die Länge. Aber das sind Kleinigkeiten. Das Weltensetting ist gut durchdacht und die Karte vorne im Buch hilft dem Leser sich zu orientieren. Ich hätte noch gerne ein Glossar gehabt aber man kann leider nicht alles haben. Das Cover ist relativ nichtssagend, es zeigt einen Drachen vor einer großen Stadt, farblich aber schön gestaltet. Einziger wirklicher Kritikpunkt: Band zwei erscheint erst im Mai 2020 und es ist nicht bekannt, wie viele Bände es geben wird. Ich hoffe, der Autor kann den Spannungsbogen halten und zieht seine Geschichte dann nicht zu sehr in die Länge. Auch auf der Website des Autors habe ich keinen Hinweis dazu gefunden. Fazit: Wer spannende, unterhaltsame, intensive und ergreifende High Fantasy mag, der wird hier nicht enttäuscht. Ich fand diesen Band noch einen kleinen Tick besser als die Bücher von John Gwynne und bin gespannt auf Band zwei.

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