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stricki

Posted on 26.5.2020

Mittig unten Der zweite Teil ist ruhiger als der erste. Anders. Es ist keine Aneinanderreihung mehr von unterschiedlichsten, polarisierenden Charakteren, die sich locker weg konsumieren ließen, die man genüsslich auf der Zunge zergehen lassen und darüber nachdenken konnte. Nein, Vernon richtet sich in seiner Obdachlosigkeit ein, er hat sich ein Umfeld geschaffen, dass es gut mit ihm meint. Wobei Despentes keinen Zweifel daran lässt, dass es in dieser Szene wenig Verlässlichkeit und Langlebigkeit gibt, weder von Freundschaften, noch von Besitztümern, Gesundheit oder sonst was. Vernon wird immer noch gesucht, von den Heerscharen alter Freunde und Kunden, bei denen er vor seinem Absturz unterkam, denen er etwas hinterließ oder entwendete. Die privaten Bänder des berühmten Alex Bleach werden zum heiligen Kral, den alle haben wollen. Die sozialen Medien machen es möglich, die Bande findet zusammen, sie finden Vernon. Sie schließen sich zusammen. Als was? Als eine Art spezielle Facebookgruppe, einsame Großstädter, die gemeinsam trinken und tanzen, zusammen gehalten durch ihren alten Freund Vernon, der gleichzeitig Haupt- und Randfigur ist. Mit Vernon passiert hier am wenigsten. Er ist passiv, scheint eine fortschreitende Psychose zu durchleben, verharrt an Ort und Stelle. Kann sich aber auch gar nicht wirklich einlassen. Auf sein Umfeld hat sein Verhalten eine hypnotische Wirkung. Die einzelnen Charaktere, die sich untereinander verflechten, auseinander zu halten, fiel mir gar nicht so leicht. Das war für mich auch der uninteressantere Teil, was es für mich auch zum schwächeren Buch macht. Hier hätte ich mir ein ähnliches Kaleidoskop unserer Gesellschaft gewünscht wie im ersten Teil. Eine feministische Rächerinnengruppe mischt das Geschehen ein wenig auf, bringt eine neue, weitere zeitgenössische Variante ins Spiel. Die Jugend stürzt sich begeistert ins Verderben, und die mächtigen Reichen werden sich rächen. Werden wir in Teil 3 die Wahrheit erfahren oder gibt es diese so nicht? Am Schluss verreist die bunt gemischte Gruppe gemeinsam mit Vernon und man darf gespannt sein, was in Teil 3 passiert. Ich rechne nicht mit einem Happy End.

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