Buchstabengeflüster
(Rezi aus 2013) Charaktere: Maddie lebt im Jahr 2060 wie jede/r andere/r Jugendliche/r in der virtuellen Welt, aber sie spürt, dass sie langfristig nicht mit diesem Leben glücklich ist, da ihre Freunde eigentlich gar nichts elementares über sie wissen und sich jeder im Web seinen Charakter konstruieren kann, wie er möchte. Sie ist eine Person, die erst überzeugt werden muss und agiert nicht mehr impulsiv oder vorschnell, sondern sehr bedacht und achtet darauf, wie sich ihr Handeln auf andere Personen auswirkt. Maddies Vater hat das System der Digital School entwickelt und ist somit einer der wichtigsten Personen im Staat. Er steht für seine Ideale ein und möchte erreichen, dass dieses System bestehen bleibt und auch in anderen Bundesstaaten eingeführt wird. Maddies Mutter hat lieber mit anderen Menschen persönlichen Kontakt als über die digitalen Interaktionsmöglichkeiten, darum sitzt sie sehr selten vor einem Bildschirm. Aber dennoch führen sie und Maddies Vater eine harmonische Ehe. Aufgrund ihrer Vorliebe für den persönlichen Kontakt, empfindet sie Maddies Treffen mit Justin und dessen Freunden nicht so schlimm, wie Maddies Vater es tut. Justin ist ein Rebell und lebt nur dafür. Er hat kein richtiges Privatleben, sondern vielleicht mal ein paar Stunden oder nur wenige Tage für sich oder seine Familie. Er trifft seine Freunde nur, wenn er aufgrund der Rebellion Tätigkeiten in deren Stadt zu erledigen hat, wie er selbst sagt. Ich finde dieses Verhalten sehr aufopferungsvoll und selbstlos aber auch ein bisschen seltsam bzw. eine Art von „Egoismus“, denn auch wenn man für eine Rebellion kämpft kann man trotzdem ein Privatleben pflegen, auch wenn es verständlicherweise geringer ist, als das anderer Personen. „Kein Computerprogramm kann vermitteln, was es heißt, etwas mit eigenen Sinnen zu erfahren. […] Man ist nur ein Zuschauer. Die Leute sitzen auf der Tribüne und schauen ihrem eigenen Leben zu, anstatt wirklich zu leben.“ Justin, S. 72 Meine Meinung: Die Idee, dass wir Menschen nur noch über das Internet kommunizieren und die Kinder ausschließlich auf eine „Digital School“ gehen, ist sehr realistisch und nachvollziehbar gewählt. Daraus hat die Autorin sehr viel herausgeholt. Dieses zentrale Thema ruft Rebellen hervor, die für ein Leben kämpfen, in dem man sich von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht und beispielsweise während eines Dates am richtigen Strand entlang spaziert und nicht an einem virtuellen. Am Anfang des Buches erfährt der Leser von Maddies „rebellischer Seite“. Ich möchte nur so viel verraten, dass Maddie vor über zwei Jahren den Rebellen Informationen zugespielt hatte. Darum fand ich es schade, dass Maddie schon mehr oder weniger eine Abneigung gegenüber dem digitalen System besitzt und dies nicht erst nach und nach aufgekommen ist, sodass der Leser diese Entwicklung hätte miterleben können. Als Maddie aber Justin kennenlernte und er sie immer weiter in die nicht-digitale Welt mitgenommen hat, fand ich ihre schon vorhandenen Zweifel gegenüber dem System nicht mehr so schlimm, da sie nun trotzdem immer mehr zu spüren bekam, wie sich das Leben außerhalb des Internets anfühlt. Bisher hatte sie genau wie alle anderen die Digital School besucht und Verabredungen im Netz gehabt. Doch nun erfährt sie, wie es ist, einem Menschen gegenüberzustehen und mit diesem wirklich etwas zu erleben - und nicht nur auf dem Bildschirm. Der Leser erlebt ihre sich langsam entwickelnde Erkenntnis, dass das soziale Leben außerhalb des digitalen viel emotionaler ist, hautnah mit. Auch hat sie aufgrund ihrer Familie Bedenken den Rebellen wiederrum zu helfen und gegen ihren Vater und dessen Ideale zu kämpfen. Der Schreibstil von Katie Kacvinsky verstärkt das Empfinden der Protagonisten. Der Leser kann sowohl die Wünsche der Rebellen verstehen, wieder vermehrt realen Kontakt zu anderen Personen zu haben, aber auch das Denken der Befürworter diesen Systems, die mit ihrem digitalen Leben wirklich zufrieden wirken. „Ich bin es gewohnt, dass Millionen von Leuten an allem beteiligt sind, was ich sage und tue. Normalerweise bekomme ich Massen von Feedback und jeder meiner eingetippten Gedanken wird von Dutzenden Kommentaren begleitet. Das gibt mir das Gefühl, in meinem Leben etwas richtig zu machen. Es zeigt mir, dass es Menschen gibt, denen ich wirklich etwas bedeutete. Im Netz fühle ich mich real und bekommen den ständigen Beweis, dass ich existiere.“ S. 9 „Online kommt es mir manchmal so vor, als wären wir gar keine echten Personen mehr, eher Charaktere in einem Buch oder Film. […] Als würden wir die ganze Zeit in einer Realityshow leben. Wenn uns eine Szene nicht gefällt, ändern oder löschen wir sie, um ein bestimmtes Bild von uns zu vermitteln. Da beginnt man sich doch zu fragen, ob man überhaupt jemanden kennt.“ S. 74 Fazit: Die Dystopie, in der die Menschen ausschließlich über das digitale System interagieren, bietet eine gute Angriffsfläche für die Rebellen. Die Welt, die daraus entsteht, hat Katie Kacvinsky sehr gut und detailliert dargestellt, sodass das Handeln jeden Charakters nachvollziehbar wirkt.