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Buchstabengeflüster

Posted on 25.5.2020

(Rezi aus 2013) Charaktere: Amy hat sich nach dem Unfalltod ihres Vaters gänzlich in sich zurückgezogen, weil sie mit ihrer Mutter nicht darüber reden kann und mit ihrer besten Freundin nicht will (über Email/Telefon). Sie ist genervt, mit einem Fremden quer durch Amerika reisen zu müssen, doch sie gibt Roger eine Chance, als sie ihn kennenlernt. Trotz ihrer Versunkenheit in ihre Trauer, kann sie nach und nach über ihren Vater reden (vor allem in der Vergangenheitsform fiel ihr dies sehr schwer) und auch an Orte gehen und Musik hören, die er liebte. Der Leser erlebt hautnah, wie Amy sich Stück für Stück mit jedem zurückgelegten Kilometer öffnet. Je weiter die Reise schon vorangeschritten war, desto besser konnte Amy die Tragödie verarbeiten und war immer weniger in ihr gefangen. Roger ist mal wieder der superhübsche Kerl in der Story. Er ist aber dahingehend nicht der typische Mädchenschwarm, weil er nicht überheblich ist. Er ist sehr gefühlsbetont, rücksichtsvoll und mitfühlend. Auch wenn er es äußerlich nicht ist, ist sein Verhalten eher unscheinbar. Er verkörpert einen ruhigen und sehr gelassenen Charakter. Außerdem spielen noch Amys verstorbener Vater, ihr Zwillingsbruder Charlie und deren Mutter eine wichtige Rolle. Auch Freunde von Roger und den beiden gänzlich unbekannte Personen haben wichtige, aber kleine, Rollen in der Geschichte inne. Meine Meinung: Der Roman wird von der Protagonistin Amy aus der Ich-Perspektive beschrieben. Dadurch erfährt der Leser immer ihre Gefühle und Gedanken in der jeweiligen Situation. Während die Geschichte und auch die Fahrt von Amy und Roger ihren Lauf nehmen, werden immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit eingestreut. So erfährt der Leser was vor und während des Unfalls in Amys Leben los war und warum sie sich so verhält und fühlt, wie sie es tut. Der Leser fährt gemächlich mit den beiden Protagonisten auf den Straßen Amerikas dahin. Durch Scrapbookeinträge, die in dem Buch als Bilder zu finden sind, erfährt der Leser so einige Daten oder auch informelle Infos über die jeweiligen Bundesstaaten. Schade, dass die Scrapbook bzw. Reisetagebucheinträge von Amy manchmal in der Geschichte ein paar Seiten zu früh abgedruckt wurden. Doch diese Infos sind, wie jeder gute Nebeneffekt, so in die Handlung eingebaut, das sie nicht überhand nehmen. Deshalb sind die Personen Amy und Roger und deren Schicksal mit den Staateninfos perfekt ausgeglichen. Die Stimmung im Buch reicht von sehr traurig und düster bis sehr glücklich und verliebt. Am Anfang wird der Leser auf wenigen Seiten in den Charakter der Protagonistin Amy und deren derzeitige Lebenssituation eingeführt. Da sie sehr um ihren Vater trauert und einsam ist, war während dieser Seiten die Stimmung eher düster. Die düster geschaffene Atmosphäre verfliegt aber nach und nach mit Fortschreiten des Roadtripps wie sich in der Sonne auflösender Nebel. Am Schluss des Buches spürt der Leser förmlich, wie der Optimismus und das Glücklichsein Amys aus den Seiten sprüht. Die Liebesgeschichte zwischen Amy und Roger ist glaubwürdig dargestellt. Sie ist nicht wie so oft in Jugendbüchern mit dem ersten Treffen und dem theatralischen Erkennen der Liebe, während man sich kurz in die Augen schaut, der beiden Protagonisten verbunden. Nein, diese Liebesgeschichte ist realistisch aufgebaut und alles andere als übertrieben: Am Anfang kennen sich die beiden kaum und sind alles andere als froh darüber, zusammen tagelang durch Amerika zu reisen. Doch während sie ihrem Ziel (mehr oder weniger) immer näher kommen, lernen sie sich durch die vielen gemeinsamen Stunden im Auto unweigerlich kennen und schätzen. Der Leser spürt, wie sich langsam eine Verbundenheit und Zuneigung zu dem jeweils anderen Mitfahrer aufbaut. „Amy on the summer road“ ist eine Geschichte, in der jedes Detail stimmt. Z. B. hatte Amys Vater zwar ein außergewöhnliches, aber wie ich finde auch sehr bodenständiges, Hobby. Er findet Gefallen an den kleinen Dingen des Alltags: Amys Vater liebte es den Rasen zu mähen, da er die Tätigkeit entspannend empfand und es für ihn mehr war als ein lästiges „Muss“ eines Hausbesitzers. Das Ende der Geschichte ist gut abgerundet, doch auch teilweise offen, was sehr gut zu dieser Geschichte passt. „Denn obwohl sie so beklemmend und verlassen wirkte, war die Landschaft da draußen vor dem Fenster nämlich auch das Schönste, was ich je gesehen hatte. Einfach faszinierend. Ich sah so viel mehr von der Welt als sonst. Es war, als hätte jemand die Seiten eines Pop-up-Bilderbuches aufgeschlagen, wobei unser Auto das Pop-up-Bild und alles um uns herum total flach und eben war.“ S. 119 Fazit: Der Leser fährt gemächlich mit den Protagonisten auf den Highways Amerikas durch das Buch. Man denkt, es kann nicht viel Aufregendes während einer langen Fahrt von einem Ziel zum anderen passieren, doch die Protagonisten haben viel erlebt, wobei die Geschichte nicht von den Geschehnissen sondern eher den Empfindungen während der Erlebnisse getragen wird. Das Buch ist weit mehr als eine gemeinsame Reise der Protagonisten Amy und Roger quer durch Amerika, denn die beiden haben ihre Problem gelöst und dabei zu sich selbst gefunden.

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