Profilbild von trischa

trischa

Posted on 25.5.2020

Eine meiner Meinung nach sehr naheliegende Frage, denn der Kapitalismus führt seiner Natur nach zu Ungleichheit und Ausbeutung von Mensch und Natur. Dass es einem Großteil von Europa damit relativ gut geht, täuscht uns manchmal darüber hinweg, dass in anderen Weltgegenden viele Menschen und die Umwelt die Rechnung dafür zahlen. Doch was für eine Gesellschaftsform bzw. Organisationsform kann sonst das Zusammenleben der Menschen sinnvoll organisieren? Der sogenannte Kommunismus ist nur Staatskapitalismus, also im Prinzip das Gleiche. Der Autor stellt die Commons-Ökonomie vor und ich finde darin sehr bedenkenswerte Ideen und Anregungen. Besonders der Zusammenhang von Lohnarbeit und Kapitalismus war mir neu und war erhellend. Außerdem macht er Vorschläge wie eine Veränderung auf sanftem Weg "von unten" möglich sein kann. P.M., der/die Autor*in (er/sie bleibt konsequent bei genderkorrekter Schreibweise, was mich, ehrlich gesagt, genervt hat, aber das nur nebenbei) stellt fest, dass er/sie hier ein Modell vorstellt, das sich auf dem Weg der Realisierung sicher noch ändern wird, aber dass es wichtig ist, überhaupt Vorschläge zu machen wie man sich eine Wirtschafts- und Zusammenlebensform vorstellen könnte, die den Bedürfnissen von Mensch und irdischer Umwelt näher kommt, als das momentan der Fall ist. (Inzwischen weiß ich natürlich wer der schweizer Autor P.M. ist, aber belassen wir ihm sein Pseudonym). Linke Ideen, die sich zumeist auf die mehr oder weniger große Umverteilung des erwirtschafteten Kapitals beschränken, werden als letztlich nicht zielführend erkannt, denn auch sie lösen sich nicht vom Kapitalismus. Ob das hier vorgestellte System unter Vorbehalt der momentanen psychischen Struktur der Menschheit funktionieren könnte, kann ich nicht abschätzen. Was mir gefällt ist, dass der Autor versucht das Zusammenleben und Verteilen von Ressourcen und Arbeit ganz neu zu denken. Was mir nicht so gefällt: Oft ist die Beschreibung zu technisch und zuwenig anschaulich, außerdem werden doch viele Begrifflichkeiten und Fremdwörter verwendet, die mir nicht geläufig sind und deren Implikationen ich nur zum Teil verstehe. Wendet sich hier der Autor an ein Fachpublikum oder ist ihm nicht bewusst, welchen Wissens- und Wortschatz er selbst bei gebildeten, aber fachfremden Lesern voraussetzen kann? Die Formatierung ist nicht E-Book gerecht, leider heute immer noch ein Problem vieler Sachbücher. Anmerkungen, die im gedruckten Buch wohl unten an der Seite stehen, sind im E-Book nicht so leicht erreichbar (zumeist kommen sie am Kapitelende, aber da weiß man das Stichwort oft schon nicht mehr). Die Überschriften sind nicht in schwarz, sondern in irgend einer anderen Farbe gedruckt, was für den E-Reader bedeutet, dass sie in hellgrau erscheinen, damit einen schlechten Kontrast haben und sehr schlecht lesbar sind. Ich verstehe nicht, dass die Verlage dies immer noch nicht auf die Reihe kriegen - und für die E-Book-Version alles in schwarz formatieren, was ja nicht besonders aufwendig ist. Selbst der Zeilenumbruch klappt, zumindest bei meinem Kindle, öfter nicht - woran auch immer das liegen mag. Die oben schon erwähnte gendergerechte Sprache macht das Buch auch nicht leichter lesbar - Anm.: Gendergerechtigkeit kommt aus dem Kopf und Herzen und lässt sich nicht mit Sprache erzwingen - meine Meinung. Fazit: Die Fragestellung, was nach dem Kapitalismus kommen könnte und besser ist als unsere gegenwärtige ausbeuterische Wirtschaftsform ist dringend nötig und wird hier mit einer angenehmen ideologischen Vorurteilslosigkeit ausgeführt. Es finden sich interessante und bedenkenswerte Ideen und Anregungen. Der psychologisch menschliche Aspekt kommt mir noch zu kurz, bei diesem sehr wichtigen, ja entscheidenden Aspekt stellen sich mir noch viele Fragen. Leider ist das Buch zwar wichtig, aber nicht gerade angenehm zu lesen. Wem das Thema wichtig ist, den wird das weiter nicht stören. Trotz der beschriebenen, eher technischen Mängel, gebe ich 5 Sterne, weil wir solche Vordenker dringend brauchen. Das gelungene Cover (wenn man das Buch liest, versteht man die Abbildung noch besser) möchte ich noch erwähnen, denn ansprechende und neugierig machende Cover sind im Sachbuchbereich nicht sehr verbreitet, dafür ein Lob an den Verlag. Dank an den Verlag für ein Rezensionsexemplar.

zurück nach oben