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sommerlese

Posted on 24.5.2020

Selma, eine alte Westerwälderin, kann den Tod voraussehen. Immer, wenn ihr im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Unklar ist allerdings, wen es treffen wird. Davon, was die Bewohner in den folgenden Stunden fürchten, was sie blindlings wagen, gestehen oder verschwinden lassen, erzählt Mariana Leky in ihrem Roman. ›Was man von hier aus sehen kann‹ ist das Porträt eines Dorfes, in dem alles auf wundersame Weise zusammenhängt. Aber es ist vor allem ein Buch über die Liebe unter schwierigen Vorzeichen, Liebe, die scheinbar immer die ungünstigsten Bedingungen wählt. Für Luise zum Beispiel, Selmas Enkelin, gilt es viele tausend Kilometer zu überbrücken. Denn der Mann, den sie liebt, ist zum Buddhismus konvertiert und lebt in einem Kloster in Japan … "Dass mein Großvater gestorben war, hatte ich mir selbst erschlossen, keiner hatte das ausdrücklich gesagt. Selma hatte behauptet, er sei im Krieg gefallen, was in meinen Ohren hieß, dass er gestolpert war, und mein Vater hatte gesagt, er sei im Krieg geblieben, was in meinen Ohren hieß, dass der Krieg etwas war, in dem man sich irgendwann im Leben länger aufgehalten hatte." Zitat Seite 72 Etwas abstrus und philosophisch kommt der Roman am Anfang daher, aber dann kommt Bewegung in die Geschichte und man versteht die Zusammenhänge und die Menschen besser. Außergewöhnlich ist der spezielle Erzählstil von Mariana Leky, der durch seine Lebensbetrachtung interessant wirkt, mal humorvoll, mal schwermütig, so wie das Leben selbst. Die Geschichte erscheint zuerst etwas ungewöhnlich, wenn man sich ihr allerdings widmet, lernt man viele wunderbare Figuren kennen und erfährt viel über die Liebe, das Leben und das Sterben. Man sieht die Welt aus Kindersicht der kleinen Luise, die als Protagonistin in einem kleinen Dorf im Westerwald bei ihrer Großmutter aufwächst. Ihre Eltern haben sich getrennt und sind beide weggezogen. Luise erlebt mit den Nachbarjungen Martin eine wunderbare Kindheit, bis ein Unglück passiert. Die Geschichte spielt bis zu Luises Erwachsenenalter, dabei ist die Entwicklung ihres Charakters glaubhaft und sehr schön nachzuvollziehen. Dieser Roman zeigt das unglaubliche Sprachvermögen der Autorin. Sie spielt mit der Sprache, zeichnet Bilder mit einfachen Worten, die man so nie zuvor gelesen hat. Dadurch erschafft sie Beschreibungen, die nicht immer direkt greifbar sind, sie schafft eine symbolische Bedeutung und dieser Stil zieht sich durch das ganze Buch. "Es geht im Leben darum, eine Intimität mit der Welt herzustellen." Seite 237 Solche Sätze lassen mich nachdenklich zurück. Auch wenn dieser Roman nicht immer deutlich wird, sich etwas in Andeutungen und Wortspielereien verliert, so bringt die besondere Sprache eine unnachahmliche Stimmung in die Geschichte, der man gebannt folgt. Es ist eine Geschichte, in der die Liebe eine große Rolle spielt. Es beginnt mit der Liebe der Enkelin Luise zu ihrer Großmutter Selma. Dann gibt es die unausgesprochene Liebe zwischen dem Optiker und der Großmutter. Weitere folgen und nicht immer kommen die Liebenden zusammen. Manchmal stehen ihre Lebenswege ihrer Liebe im Weg oder sie suchen nach dem Sinn des Lebens, dabei begegnen sie dem eigentlichen Leben und auch dem Tod. Mir haben die vielen lebensnahen Passagen in Luises Leben und auch die Reaktion der Dorfbewohner auf Selmas Okapi-Träume sehr gefallen. Ein Buch mit Gefühlen, die es im wahren Leben auch gibt: Liebe und Freude, Trauer und Leid und eine Prise Humor, die das Leben würzt. Mariana Leky schafft es, mich in die Welt von Luise zu ziehen und mich mit ihren Lebensweisheiten zu überraschen und nachdenklich zu machen. Ein erstaunliches Buch, das ich ausdrücklich und gern empfehle.

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