Profilbild von daslesendesatzzeichen

daslesendesatzzeichen

Posted on 24.5.2020

Johann Friedrich von Allmen ist ein leicht schnöseliger, sehr gebildeter Kunstexperte, der chronisch pleite ist. Ehemals gut betucht, lebt er mittlerweile im Gartenhäuschen des Anwesens, in dem die Villa steht, die früher einmal seine war … Johann Friedrich von Allmen oder kurz Allmen ist ein echter Gentleman wie aus dem Bilderbuch: Er liebt das stilvolle Ambiente, Knauserei ist ihm ein Gräuel – was seine desolate wirtschaftliche Lage erklärt. Generös lädt er seine Freunde ein, hilft andern gern bei finanziellen Engpässen – leider auch in Momenten, wenn er selbst bereits kein finanzielles Polster mehr hat. Allein das bloße Nachdenken darüber, ob noch genug Geld auf dem Konto ist oder nicht, widert ihn an – daher ignoriert er diese Fakten eisern und schliddert regelmäßig in finanzielle Miseren. So auch jetzt, im fünften Band der Allmen-Serie. Doch diesmal sind finanzielle Not und Stolz so groß, dass Allmen nicht seinen Kompagnon Carlos um Geld bittet, sondern sich zu einem Kunstdiebstahl hinreißen lässt. Dummerweise wird er dabei gefilmt und infolge erpresst. Der Mitwisser will jedoch kein Geld von ihm (woher sollte Allmen auch welches nehmen!), sondern er will ihn als Komplizen. Eine Sammlung erotischer Porzellanfigürchen, so besagt ein Gerücht, soll noch immer im Besitz des alten Jakob Sterner sein, seines Zeichens letzter Inhaber einer traditionsreichen Porzellanwarenhandlung. An diese will der Mitwisser namens Krähenbühler herankommen. Da Allmen zum einen Kunstkenner, zum anderen aber auch Privatdetektiv ist, erscheint er Krähenbühler als der perfekte „Geschäftspartner“. Noch besser findet er die Tatsache, dass sein „Geschäftspartner“ nach seiner Pfeife tanzen muss. Allmen weiß, dass er sich gegen den Mitwisser nicht aufzulehnen braucht, Widerstand zwecklos – der Mann hat ihn in der Hand. Also überredet er wiederum seinen Kompagnon Carlos und dessen Frau Maria dazu, ihm bei dieser Aktion zu helfen. So nimmt das Schicksal seinen Lauf … Die frivole Porzellansammlung soll der alte Sammler Sterner nach seinem Eintritt in eine Sekte in einem Lagerhaus eingelagert haben, von dort, so wünscht es Krähenbühler, sollen Allmen und Carlos die Figürchen unauffällig entwenden. Bei der Suche stoßen die beiden Detektive tatsächlich auf eine reiche Anzahl wertvoller erotischer Porzellanfiguren. Alles scheint so einfach und unkompliziert … Doch dann trifft Allmen auf die wunderschöne Enkelin des Porzellanwarenhändlers und verliebt sich Hals über Kopf in sie. Stürzt sich der charmante, geldlose Allmen bei diesem Fall ins Unglück? Martin Suter, der elegante Schweizer, der als Werbetexter anfing und irgendwann bei der Schriftstellerei im großen Stile landete, hat mit Allmen eine liebenswerte, leicht verschrobene, nie die Contenance verlierende Romanfigur entworfen, die mittlerweile eine eigene (immer größer werdende) Fangemeinde hat. Die Krimis, die zwar spannend sind, aber immer ohne Totschlag, Blutvergießen und Brutalität auskommen, sind subtil, schlicht und dennoch in ihrem Charme bezwingend. Sie sind solide angelegt, dabei aber nicht komplett durchschaubar – denn Suter bringt doch immer noch Wendungen ins Spiel, mit denen der Leser nicht gerechnet hätte. Mit dem hier vorliegenden fünften Band bleibt Suter seinem Stil treu, schafft vergnügliche Lesestunden mit Spannung – und dennoch gibt es einen Wermutstropfen: Mir fehlt bei diesem Krimi der allerletzte Funke, um ein tatsächliches literarisches Feuerwerk zu zünden. Fazit also ->Guter Buchstoff mit Luft nach oben.

zurück nach oben