miss_pageturner
Schon eine Weile liebäugelte ich mit dem Bird Box Film auf Netflix, aber wie es als Leseratte so ist: Ich wollte zuerst das Buch lesen. Gesagt getan. Wer die Augen aufmacht, ist tot! Was mich von vornherein am meisten an diesem Buch fasziniert hat, ist die Grundidee: Protagonistin Malorie lebt in einer Welt, in der allein das nach Draußen schauen den Tod bedeutet. Denn draußen aluern Wesen, deren Anblick die Menschen in Raserei bringt, woraufhin sie sich selbst und andere töten. Die wenigen Überlebenden leben fortan also in selbst aufgelegter Blindheit. Nur völlig abgedunkelte Häuser sind sicher, wer rausgeht muss eine Augenbinde tragen. In dieser im wahrsten Sinne des Wortes finsteren Welt versucht Malorie auch noch zwei Kinder groß zu ziehen. Eine Welt in der Sehen den Tod bedeutet, das ist mal ein neuartiger und faszinierender Ansatz, der mich sofort gefesselt hat. Die meisten von uns Menschen sind stark von usnerem Sehvermögen beeinflusst, es ist der Sinn, dem wir trotz der Kenntnis von optischen Täuschungen, am meisten vertrauen. Doch mit einmal werden wir diesen Sinn beraubt. Wie reagieren die Menschen? Wie überlebt man in völliger Finsternis? Diese Fragen habe ich mir gestellt und der Autor offensichtlich ebenso, denn die Reaktionen der Überlebenden auf die neue Situation macht einen Großteil der Handlung aus. Dabei wird diese in zwei Zeitsträngen erzählt. In der Gegenwart in der Malorie bereits seit Jahre in der Dunkelheit lebt, eine Überlebenskünstlerin ist und in der Vergangenheit, in der wir erfahren, wie alles begann und in der Malorie selbst noch lernt mit der Situation umzugehen. Die menschlichen Reaktionen auf die unbekannte Gefahr hat der Autor meiner Meinung nach ganz gut und realistisch dargestellt. Leider hatte ich zur Mitte des Buches hin das Gefühl, dass er sich in dieser Darstellung etwas verliert und das Tempo des Buches zu sehr stagniert, um wirklich interessant zu bleiben. Man bekommt das Gefühl, dass die Bedrohung nur eine Rahmenhandlung darstellt, um letztendlich eine kleine eingesperrte Gemeinschaft und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen zu beschreiben. Das kann interessant sein, dafür hätte ich aber keine Monster gebraucht. Ein weitere Punkt der mir missfallen hat: Zwar ist der Einfluss der Gefahr und Isolation auf die zusammengewürfelte Gemeinschaft sehr gut dargestellt, die einzelnen Charaktere selbst bleiben aber sehr farblos. Sie definieren sich allein durch ihre Reaktionen, von den Menschen dahinter bekommt man aber nichts mit. Wieso, weshalb warum? Bis zur Hälfte des Buches habe ich trotzdem voller Elan weiter gelesen, denn ich wollte unbedingt wissen, was es mit diesen Wesen auf sich hat, wo kommen sie her, warum verfallen die Menschen in Raserei, was sehen sie genau? Diese Fragen ließen mich immer weiter blättern. Umso enttäuschter war ich, dass ich bis zum Ende keine Einzige von ihnen beantwortet bekam. Wieder hatte ich das Gefühl, dass die Monster nur Kulisse sind. Pappfiguren die eine allgegenwärtige Bedrohung darstellen sollen, die sich der Autor aber selbst gar nicht richtig erklären kann und es deshalb auch gar nicht wirklich versucht. Als Leser fühlte ich mich im Regen stehen gelassen. Fazit: Die Idee und die erste Hälfte des Buches sind top, doch dann verliert das Buch sich in dem Versuch die komplexen Beziehungen in der Hausgemeinschaft darzustellen, was durch flache Charaktere auch nur bedingt gelingt. Letztendlich ist es aber die Ungewissheit, das Fehlen einer Erklärung für das Ganze, was mich dazu brachte, Bird Box mit einem unbefriedigten Gefühl zu beenden.