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SternchenBlau

Posted on 22.5.2020

Ein General von Napoleons Grand Armée erfährt von der Märchenwelt und zwingt die Brüder Grimm ihn und seine Truppen dorthin zu bringen. Es war genau dieser Prolog dieses dritten Bandes „Land of Stories – Eine düstere Warnung“ der mich als Leseprobe überhaupt dazu gebracht hat, die Reihe anzufangen. „Er nahm eine der winzigen französischen Flaggen von der Europakarte und rammte sie in den Einband des Märchenbuchs.“ DAS versprach ein Abenteuer zu werden. Aber vermutlich ist das einfach nicht meine Reihe, auch, wenn mir dieser Band nach den beiden ersten zunächst etwas besser gefiel. Die obligatorische Schnitzeljagd wurde diesmal in die reale Welt verlegt, als Conner, unterstützt von Bree, in die er verknallt ist, überprüfen muss, ob das Portal sich überhaupt öffnen lässt. Die beiden zarten Liebesgeschichten, die sich bei Connor und Alex anbahnen fand ich ganz schön eingefädelt, ohne dass sie zu sehr in den Vordergrund gedrängt wurde. Nun war ich bei den letzen Bänden schon immer hin und her gerissen. Das Figureninventar ist wirklich sehr groß, trotzdem frage ich mich, warum die Figuren nicht in Band 3 langsam etwas mehr Tiefe bekommen könnten. Wenigstens spricht Alex diesmal deutlicher die Ungleichbehandlung im magischen Land an, was ein Bisschen positiver beim Diversiy-Aspekt wirkt. Connors Weigerung über deine Verknalltheit zu sprechen kommt aber schon sehr aus der Klischee-Mottenkiste. Und Rotkäppchens Beziehungstipps erst: „Rotkäppchen schüttelte den Kopf. »Was auch immer du tust: Lass ihn auf keinen Fall entscheiden, wo es langgeht«, betonte sie. »Männer sind geborene Bestimmer, und unsere Aufgabe als Frauen ist es, ihnen diesen Urinstinkt auszutreiben. Wenn du ihm beim ersten Spaziergang das Zepter überlässt, schwingt er es im Nu in der ganzen Beziehung.«“ Die werden zwar etwas ironisch gebrochen, aber ein wirkliches modernes Bild wird halt auch nicht dagegengesetzt. Vielleicht trifft das auch auf das ganze Buch vor: Chris Colfer hat eine nette Idee, exerziert sie aber nicht in Gänze durch. Gerade im 1. Band ging es sehr darum, dass Alex in der realen Welt keine Freunde hat. Nun gibt es im 3. Band die „Bücherkuschlerinnen“, die ihr nacheifern. Wenn das Mädchen sind, die sie früher gemobbt haben, wird dieser Aspekt dann auch wieder unterschlagen. Das wirkt auf mich dann immer so unbefriedigend, als würde der Autor seine Welt selbst zu wenig kennen. Richtig ärgerlich fand ich diese Passage. Hier wird der sehr erwachsener Diskurs über ungewollte Kinderlosigkeit einfach aufgemacht – um dann wenige Absätze darauf wieder zu verpuffen. „Cinderella und Chase waren über diese Enthüllung am Boden zerstört. »Oh, meine Liebe, das tut mir so, so leid«, keuchte Cinderella, wusste jedoch keine Worte, die in dieser Situation ein Trost gewesen wären. Dornröschen hielt den Blick weiterhin starr aus dem Fenster gerichtet, um sich vor den mitleidigen Blicken ihrer Begleiter zu schützen.“ Für mich ist das dann reine Effekthascherei (und ich glaube sogar, dass das manche Kinder in dieser Form überfordern kann). Was aber richtig schade ist, dass Colfer viele Optionen einfach verschenkt: Mit Conner reisen gleich zwei Menschen aus unserer Welt ins magische Land. Aber außer Ehrfurcht und Begeisterung dürfen die beiden nicht groß agieren. Sie sind nur noch Stichwortgeber:innen. Warum dürfen sie sich nicht mit ihren ganz eigenen Stärken und Schwächen??? Und wie das alles auf die Franzosen wirkt, die ja auch in eine unbekannte Dimension katapultiert wurden, kommt schon gar nicht zu Sprache. Hier schlägt dann die Eindimensionalität bei der Gestaltung der „bösen Figuren“ völlig zu. Manches mochte ich dann aber auch wieder, Figuren wie Rotkäppchen und Mutter Gans (obwohl ich deren Alkoholkonsum für ein Kinderbuch nicht wirklich witzig finde). Und ich wollte halt schon immer wieder, wie es weitergeht, obwohl vieles vorhersehbar für mich war. Ich hatte trotzdem überlegt, die Reihe mit diesem 3. Band – und damit der Hälfte zu beenden – doch dann endet das Buch mit einem fiesen Cliffhanger. Den hatte ich am Ende der anderen beiden Bände erwartet, hier hat er mich nun doch ein wenig überrascht. Und mit dem Dreh frage ich mich dann tatsächlich, wie konnte es dazu kommen? Vielleicht gebe ich Band 4, der am 29. Juli erscheinen wird, doch noch eine Chance, weil ich so neugierig bin. Fazit Phasenweise habe ich diesen dritten Band ganz gern gelesen, aber dass viele Ideen einfach nicht genutzt werden, fand ich unbefriedigend! Daher vergebe ich knappe 3 von 5 Sternen.

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