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Posted on 21.5.2020

„Ein Mann, sein Pferd und sein Hund“ Ermüdungserscheinungen traten beim Lesen des Zwölften Falls von Martin Walkers Bruno Chef de Police Reihe bei mir auf. Bisher war meine Vorfreude nach Beendigung des jeweils aktuellen Romans groß. Kaum war das Buch draussen, meist um die Liegestuhlzeit des Jahres, wurde es goutiert. Diesmal, trotz Liegestuhl, gelang es nicht. Dröge erschien mir der Wiederseinstig in Bruno Courrèges beschaulich ländliches Dasein im bezaubernden Périgord. Die mäandernde Erzählweise nicht mehr charmant sondern bräsig. Die politischen und gesellschaftlichen Betrachtungen früherer Zeiten und Kriege Frankreichs, enervierend angesichts der derzeitigen politischen Lage. Vielleicht ist dies der virusbedingten kurzzeitigen Entschleunigung zuzuscheiben, die der Tiefenentspannung beim Wiederbetreten der Welt des Bruno Courrèges entgegenstand. Martin Walkers kriminalistisch und historisch angehauchtes „Soulfood“ löste Unwillen aus. Ich habe das Buch für eine Weile weggelegt, mit der Absicht es unfertiggelesen in die Stabi zurückzutragen. Aber als treue Leserin von Beginn an und, nachdem eine Lesefreundin und Mitbegeisterte wieder mit Vergnügen durchs Pèrigord des Protagonisten streifte, wiederaufgenommen, um zu erforschen woher die Unlust kommt. Da wäre zum einen der tapfere, sportliche, Ermittler edlen Gemüts, der als „begehrtester Junggeselle“ der Kleinstadt Saint Denis dargestellt wird, tatsächlich aber den Traum von Frau und Kind mit entspanntem Landleben hegt und nie zu Potte kommt, weil er zwar als Frauenversteher im Sinne Freuds: „Die große Frage, die ich trotz meines dreißigjährigen Studiums der weiblichen Seele nicht zu beantworten vermag, lautet: "Was will eine Frau eigentlich?" dargestellt wird, was aber so unerträglich oldschool und deprimierend ist, dass es ein wenig albern rüberkommt. Autor Martin Walker ist 1947 geboren, er kann womöglich nicht anders, dabei gibt er sich wirklich Mühe. Brunos Amouren sind „verzwickt“ und er lässt den Chef de Police den Damen zu Willen sein. Sehr bemüht modern, aber auch ein wenig blöde. Hier verkörpert der clevere Ermittler bestens das Klischee vom Mann, der sich von seinem Genital leiten lässt, nur verbrämt durch ein wenig Schliff und Kultur. Bruno wirkt in „Connaisseur“ oft wie ein treuer Hund mit heraushängender Zunge der auf Leckerli wartet. Schmackhaftes vermag der Gute selbst in Fülle zu produzieren, kocht er doch gerne für seine FreundInnen und ist hilfsbereit und umsichtig sowohl im Job, wie auch in der Küche wo minutiös mit Eieruhr geschildert wird, wie seine Gerichte, deren Zutaten er oft erjagt, selbst anbaut oder von befreundeten Jägern übrerreicht bekommt zustande kommen. Französische Kochkultur zelebriert wird. Unzweifelhaft ist Martin Walker ein hochgradiger Verehrer der Küche und der Weine des Pèrigord. In dem „Zum Gedenken an Josephine Baker , Die schwarze Perle und Résistance-Heldin“ gewidmeten vorliegenden Roman, der diesen Teil der französischen Geschichte ein wenig beleuchtet, ist mir die Zelebriererei zuviel geworden. (Die Zwiebeltarte werde ich aber mal ausprobieren😉 ) Ennuie durch den gesamten Roman, auch der Kriminalfall, der bei Walkers Bruno Reihe immer verlässlich den roten Faden für seine Schilderungen aus Leben, Land, Leuten Historie und Politik ist, war diesmal kein Sogerzeuger. „Die Zeit verstrich. Ein milder Wind raschelte im frischen Laub. Ab und zu taumelte wie betrunken eine Hummel vorbei.“ Adieu Bruno, war schön, die gemeinsame Zeit ist vorbei. Ein verunstaltes Robert Gernhardt Gedicht*(sorry Meister!) wird zum Fazit.

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