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bella5

Posted on 20.5.2020

Bartholomäus wächst 1854 in einem Waisenhaus in Bombay auf, er ist mindestens zwölf Jahre alt. Der Leiter des Waisenhauses, ein katholischer Geistlicher, fördert den altklugen Jungen. Die anderen Kinder (der Protagonist nennt sie nur „die Anderen“) piesacken ihn. Eines Tages tauchen die bayerischen Brüder Schlagintweit in Bombay auf. Der sprachbegabte Dolmetscher Bartholomäus soll die Forscher, die im Auftrag des preußischen Königs und der britischen East India Company unterwegs sind, auf ihrer Reise durch Indien begleiten. Während der Expedition wird das Waisenkind, das zu Höherem berufen scheint (das Stilmittel erinnert an Dickens) erwachsen. Es dokumentiert die Reise in seinem Notizbuch – Bart nennt es „Museum“, und so muss man sich als Leser/in auf den Ich – Erzähler verlassen. Ist Bartholomäus gar ein unzuverlässiger Erzähler? Für „Das Museum der Welt“ muss man als Leser/in schon über etwas Sitzfleisch verfügen, aber es lohnt sich! Für viele Menschen ist code – switching ganz normal, daher habe ich mich über die Hindi – Einsprengsel im Text sehr gefreut! Zwar gibt es kein Glossar, man kann sich die Bedeutung der Worte jedoch aus dem Kontext „zusammenreimen“. Ich habe den Roman sehr gerne gelesen, da mich die Erzählung nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch „packen“ konnte. Der Kolonialismus wird äußerst kritisch beleuchtet – gut so! Es ist sicher kein Zufall, dass auch die indische Unabhängigkeitsbewegung eine nicht unerhebliche Rolle im Roman spielt. Gerade in Zeiten von „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ ist ein Buch wie „Das Museum der Welt“ wichtig. Bartholomäus ist meines Erachtens ein absolut „runder“, da ambivalenter Charakter. Die Figurenzeichnung ist eine große Stärke des (Abenteuer)Romans. Der indische Vielvölkerstaat mit seinem Kastenwesen trifft auf das chauvinistisch-rassistische Überlegenheitsgefühl der Kolonialherren. Und es gab zu der Zeit viele! Man kann während der Lektüre unheimlich viel lernen, es lohnt sich also, das Buch zu lesen. Die Brüder Schlagintweit waren mir vor der Lektüre unbekannt und ich wusste nicht, dass es auch dänische Kolonien in Indien gab. Jeder wollte ein Stück vom Kuchen, nicht nur die Briten und Portugiesen. Fazit: Stichwort Kolonialismus – zuerst denkt man an „Deutsch – Südwestafrika“, an die Herero und Nama im heutigen Namibia. Dass die Deutschen aber auch in Indien zumindest als Forschungsreisende präsent waren (Alexander von Humboldt hielt große Stücke auf die bayerischen Gebrüder Schlagintweit), ist im kollektiven Gedächtnis nicht so verankert. Christopher Kloeble präsentiert mit „Das Museum der Welt“ einen gelungenen Genremix und kombiniert reale historische Ereignisse und Personen mit fiktionalen Figuren. Trotz kleiner Schwächen ist dieser historische Roman absolut lesenswert!

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