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collectionofbookmarks

Posted on 19.5.2020

Ich vermeide es, Bücher als MUST-Reads zu betiteln, denn ich weiß, Geschmäcker und Vorlieben sind so verschieden, dass es auf der Welt gar keine literarischen Werke geben kann, die jeder irgendwann mal gelesen haben MUSS. Es gibt aber Romane, die man in meinen Augen gelesen haben SOLLTE, weil sie den eigenen Horizont erweitern und den Leser aus seiner Komfortzone holen. Bücher, die eben nicht sagen "Am Ende sind wir alle glücklich." oder "Den guten Menschen widerfährt auch nur Gutes." Bücher, wie "Wünsche sind für Versager" . Die elfjährige Olivia ist ein Pflegekind. Sie hat Schreckliches erlebt, gesehen und spüren müssen und wird seit ihrem fünften Lebensjahr von einer Familie zur nächsten geschickt. Keiner will sie, keiner liebt sie, und wer würde auch schon ein so kaputtes Kind wie sie behalten wollen? Es ist niemals leicht mir ihr, denn in jedem Moment könnte ihr etwas missfallen. Dann rastet sie aus. Schreit. Beschädigt Sachen. Beschädigt Menschen. Hat sich nicht mehr unter Kontrolle. Olivias Geschichte ist aufwühlend und lässt den Leser in den Kopf eines Mädchens blicken, dessen zerbrechliche Seele bereits in jungen Jahren gebrochen wurde. Man hat Mitleid, ist wütend,  könnte weinen und manchmal schämt man sich auch. Dies sind die Momente, in denen man einsehen muss, dass man selbst nicht weiter wüsste. Dass Olivia mehr braucht, als nur eine nette Familie. Dass sie so Furchtbares mitgemacht hat, dass sie sich selbst nicht mehr versteht.  Natürlich ist dieses Buch ungemütlich und ja, für die Heile-Welt-Leser da draußen wäre wahrscheinlich schon das Vorwort genug, um es wieder aus den Händen zu legen; aber mag man nicht manchmal auch etwas geschüttelt werden? "Wünsche sind für Versager" besticht nicht damit, dass es uns zeigt, was dort draußen in der Welt für grausame Dinge geschehen; es besticht eher damit, dass es uns zeigt, was diese Dinge für Auswirkungen haben. Gleichzeitig ist es aber auch - das schreibt der Verlag selbst - ein Plädoyer für mehr Achtsamkeit und Sensibilität, was ich so nur unterschreiben kann. Ich weiß, dieser Roman ist keiner, den man auf jedem Blog zu sehen bekommt. Wir werden in der örtlichen Buhhandlung keinen Stapel davon finden, sondern müssten wohl gezielt danach suchen. Trotzdem möchte ich euch sagen: die Suche lohnt sich, und wenn ihr in den nächsten Tagen mal durch eure Lieblingsbuchhandlung schlendert, haltet doch Ausschau nach einer kleinen, vereinzelten Seifenblase. Sie würde euch sicherlich gern ihre Geschichte erzählen.

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