sommerlese
Im Fischer Verlag erscheint der Roman "Auszeit bei den Abendrots" von Alexandra Holenstein. Das kann doch nicht wahr sein, denkt Helene Abendrot, als ihr Mann Josef sie an einer Autobahnraststätte einfach sitzen lässt. Immerhin hat sie das Auto und er ist zu Fuß abgehauen. Es gibt doch noch Glück im Unglück. Der Grund für diese Aktion und die nachfolgende Eheauszeit heißt Nathalie und ist halb so alt wie Josef. Doch statt Trübsal zu blasen, nutzt Helene die Zeit für sich und unternimmt Seminare und Reisen, die ihrem Leben abenteuerliche Erfahrungen bescheren. Was ist dagegen schon die langweilige Ehe mit Josef? "...aus der Strohwitwe kann dann auch mal schnell eine Strohblume werden. Die, die man so ewig in einer Vase ohne Wasser lässt und dann vergisst." Zitat Seite 135 Nachdem ich "Das Heinrich-Problem" von Alexandra Holenstein bereits begeistert gelesen habe, konnte mich auch ihr neuer humorvoller Frauenroman absolut überzeugen. Es sind Szenen aus dem echten Leben, genauer gesagt aus einem langjährigen Eheleben. Wieder geht es um eine Beziehungskrise, die die Autorin mit herrlichen Situationsbeschreibungen und abwechslungsreichen Charakteren mit Leben füllt. Pointiert humorvoll und erstaunlich treffsicher zielt ihr Pfeil dabei ins Schwarze, in diesem Fall auf Josef, der sich in seiner Auszeit mit einer jungen Frau vergnügt. Noch etwas benommen von dieser Erfahrung, rät Helenes Freundin ihr als Ablenkung zu Reisen als genussvolle Trennungsschmerz-Verarbeitung. Helene nimmt diesen Rat an und reist in die Provence und in die Toskana, dort besucht sie ein Weinseminar, malt in Aquarell und nimmt an einem Literaturseminar teil. Sie erlebt dort einige amouröse Erfahrungen, allerdings entpuppen sich ihre männlichen Neuentdeckungen recht schnell als echte "Windhunde". Trotzdem gewinnt sie ihre innere Balance und alte Kraft und Stärke zurück. Josef gegenüber gibt sie sich abgeklärt, reagiert mit nüchternen Bemerkungen auf seine erneue Annäherung, denn Nathalie, die flotte Antilope, hat die Liaison mit ihrem väterlichen und alten Doktorvater bald über und Josef merkt auf einmal, was er an Helene hat. Ein kurzweiliger und herrlich zu lesender Erzählstil macht das Lesen zum Genuß. Das Eheleben an sich, die Trennung und die liebevoll beschriebenen Charaktere der Seminarteilnehmer sorgen für eine abwechslungsreiche Geschichte, die man einfach nur gern und mit einem Schmunzeln im Gesicht liest. So spielt das Leben, wenn auch nicht immer mit einem zufriedenstellenden Ende. Dieser Roman lässt sich durch den eingebauten Humor und die trockenen Anmerkungen Helenes einfach nur gut lesen. Ein Frauenroman über eine Beziehungskrise mit dem Geschmack des wahren Lebens, der mich zum Schmunzeln gebracht hat.