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gwyn

Posted on 15.5.2020

Mit diesem Kinder-Kochbuch kann man seine Kids wirklich selbstständig in der Küche werkeln lassen, außer man ist überängstlich und mag sie nicht mit dem Messer allein hantieren lassen, denn hier bleiben Herd und Ofen ausgeschaltet. Klasse Rezepte, so dargestellt, dass sich alles leicht nachmachen lässt. Grundwissen am Anfang: «Würzen ist Geschmacksache», also erstmal sparsam mit Salz, Zucker, Gewürzen umgehen, nachwürzen geht immer. Gesund, süß, fettig, saisonal kurze Erwähnung ohne erhobenen Zeigefinger. Wie lese ich eine Verpackung – Vorbereitung vor dem Kochen. Sicherheit! Das A und O in der Küche! Und wie putzt und schneidet man Obst und Gemüse? Dazu gibt es zu den wichtigsten Sorten Tipps, die bebildert anschaulich das richtige Schneiden zeigen. Vorbereitung ist eben alles. Zu jedem Rezept gibt es an der rechten Seite eine Liste der anzuwendenden Handwerkszeuge, wie Messer, Schüssel, Sieb, Waage usw. Darunter findet man sie Zutatenliste und die Zeit, die man zur Zubereitung einkalkulieren muss. Zum Abschluss fünf Sternchen zum Ausmalen: so hat es mir geschmeckt. Etwas für den kleinen Hunger, Nudelsalat, Eiersalat, Gurkensuppe mit Schnittlauchbrot, gefüllte Pita-Taschen, selbstgemachtes Müsli, Melonenpizza, Früchtespieße, Kekstörtchen oder Eis und coole Drinks; eins haben alle Rezepte gemeinsam: Die Rezepte sind einfach, die Anleitungen verständlich und die Fotos haben eine ungemein auffordernde Art, sie auszuprobieren. Was mir richtig gut gefällt, ist die Message: Essen ist nicht gleich reinschaufeln! Lebensmittel mit Liebe und reichlich Kreativität zubereitet – etwas fürs Auge! Essen ist Genuss! Sicher fällt den kleinen Köchen beim Arbeiten ein, wie man die Rezepte kreativ umwandeln könnte. Hier wird nicht einfach etwas in die Schüssel geschmissen, jedes Gericht ist liebevoll drapiert und dekoriert. Beim Nudelsalat z.B. werden Wurst und Käse in Scheiben geschnitten, danach mit kleinen Ausstechern dekorativ in Form gebracht. Reste kleingeschnitten unter den Salat gemengt – nichts wird weggeschmissen. Die Melonenpizza ist eben nicht ein zusammengeschnippelter Obstsalat. Was die Rezepte und deren Aufmachung angeht, absolut Topp! Die Altersempfehlung für den Grundschulbereich ist ok. Allerdings werden Vegetarier nur mit Obst- und Müslirezepten glücklich werden. Denn Fleisch, Eier und Milchprodukte finden sich fast in jedem Rezept wieder – ökologisches Kochen wird nicht aufgegriffen. Damit schließt man einen Teil der Kinder aus. Das ist nicht so wild, denn Vegetarier und Veganer können sicher auf einen eigenen Bücherfundus zurückgreifen. Aber erwähnenswert wäre es schon, auch die ökologische Auswahl von Lebensmitteln zu berücksichtigen, saisonal und frisch ist mir hier zu wenig. Doch eine Sache hat mich ziemlich verärgert: Vom mir bekommt das Buch den Zitronen-Genderpreis! Mädchen ab in die Küche! Durch die Rezepte führen zwei Mädchen. Bei einem einzigen Rezept ist ein weiteres Kind zu sehen, ein Junge? So eindeutig ist das nicht. Jungen kochen ebenso gern und fühlen sich von diesem Buch ausgeschlossen. Oder soll uns das hier suggerieren: Früh übt sich das Mädchen für seinen Platz in der Küche! Genau das hätte ich so bereits vor 40 Jahren kritisiert. Heute gehe ich weiter: Lieber ZS-Verlag – das geht gar nicht! So gut ich dieses Buch insgesamt finde, Rezepte, Aufmachung usw., die zwei Mädchen im Vordergrund haben alles Gute zerrissen, pädagogisch nicht zu empfehlen. Kinderbücher prägen Kinder! «46 Leckerschmecker-Rezepte, die Kinder selbst zubereiten», so der Untertitel. Sind Jungen keine Kinder? Von einer Redakteurin, die für «Eltern» und «Eltern family» arbeitet, hätte ich etwas anderes erwartet. Projektleitung, Lektorat, grafisches Konzept, Illustration, Fotografie, alles Frauen, die dieses Buch kreierten – man fällt vom Glauben ab – gut konditioniert. Das Mädchen in die Küche gehören, Jungs nicht, aus der Message sollten wir seit mindestens 50 Jahren heraus sein! Schade, es hätte ein ausgezeichnetes Kinderkochbuch werden können. Multitasking ist für Christiane Kührt ein Kinderspiel. Die freie Journalistin und Autorin mit dem Schwerpunkt Ernährung, Essen & Trinken arbeitet als Redakteurin für «Eltern» und «Eltern family», konzipiert Broschüren für Unternehmen der Lebensmittelbranche und schreibt für diverse Online-Verlage. Als leidenschaftliche Köchin und Bäckerin puzzelt sie gerne an neuen Rezeptideen.

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