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Akantha

Posted on 13.5.2020

„Rebell der Krone“ ist der erste Teil aus Robyn Youngs Trilogie um Robert (the) Bruce und Schottlands Unabhängigkeitskrieg. Zum Ende ihrer Recherche für den finalen Band ihrer Kreuzritter-Reihe („Blutschrift“, „Blutritter“, „Blutsfeinde“) stieß sie auf diesen interessanten Charakter und ihr „wurde klar, dass diese Figur unmöglich eine Nebenrolle in der Lebensgeschichte eines anderen Mannes [die der Templer in „Blutsfeinde“] spielen konnte.“ So entstand die Idee für die vorliegende Trilogie. Alexander III., König von Schottland, ist verstorben und hinterlässt einen leeren Thron. In dieses Machtvakuum drängen verschiedene Personen um die Herrschaft zu ergreifen, einer von ihnen ist König Edward I. von England. Der Schotte Robert Bruce hat einen berechtigten Thronanspruch und findet sich alsbald zerrissen in der Frage, was das Beste für ihn, seine Familie und sein Land ist. An der Spitze der Rebellion taucht ein Mann namens William Wallace auf und Robert muss sich entscheiden, wem seine Loyalität gehört. Der Roman ist fast ausschließlich aus Roberts Perspektive verfasst, zwischendurch finden sich immer einmal wenige, häufig sehr kurze Abschnitte anderer Personen. Dies führt dazu, dass der Leser sich sehr gut in Robert hineinversetzen kann und mit ihm hofft und bangt. Die große Schwierigkeit in seiner Geschichte ist die Zerrissenheit in seiner Position. Es gibt nicht einfach „für“ und „gegen“ Schottland, genauso wenig wie „für“ und „gegen“ König Edward. Die politischen Macht- und Ränkespiele sind sehr komplex und gehen immer mit weitreichenden Folgen einher. Diese Schwierigkeit, für den sehr jungen Robert, hat Robyn Young hervorragend herausgearbeitet. Wie in der Wirklichkeit ist der richtige Weg nicht leicht zu finden. Robert macht Fehler, er bereut sie, er trifft neue Entscheidungen und wirkt durch diese vielen Facetten absolut menschlich und authentisch. Dies ist ein sehr großer Pluspunkt des Romans. Etwas zu bemängeln habe ich zuweilen den Spannungsverlauf. Die Handlung wird zwischendurch ein wenig zu langatmig und detailreich wiedergegeben, auch wenn nicht viel passiert. An diesen Stellen heißt es durchbeißen, denn jedes folgende, wichtige Ereignis kann ganz versteckt hinter der nächsten Ecke liegen. Besonders schwer fiel mir dies allerdings bei den Rückblicken. Diese kommen zwar nicht häufig vor (vielleicht drei- oder viermal), sind dann aber mehrere Seiten lang und enthalten nicht wirklich wichtige Informationen für das aktuelle Geschehen. Meistens werden nur Hintergrundinformationen und die Geschichte bestimmter Charaktere und Beziehungen erörtert. Obwohl ich mit solchen Rückblenden sonst keine Probleme habe, hätte ich hier manchmal gerne vorgeblättert. Der Roman hätte auf 100 Seiten weniger etwas kompakter gestaltet werden können. Vor allem zu Beginn der Lektüre ist es etwas anstrengend, die vielen handelnden Personen auseinanderzuhalten. „Robert“ und „Alexander“ heißen jeweils sechs Personen, während es acht (!) verschiedene „John“ gibt, davon auch noch drei mit dem gleichen Nachnamen. Warum ich dies so schnell nachzählen konnte ist gleichzeitig eine Erleichterung für den Leser: Das Personenverzeichnis. An der Namensgebung im Mittelalter kann ein Autor nicht viel ändern, aber mit diesem Verzeichnis kann er es dem Leser zumindest etwas einfacher machen. Darüber hinaus gibt es eine Karte von Schottland, ein kurzes Glossar, eine Literaturauswahl und – für mich immer besonders wichtig – Anmerkungen der Autorin. Trotz des zwischenzeitlichen Spannungsabfalls, komme ich zu 4 von 5 Sternen, denn ich habe noch keinen historischen Roman gelesen, der einen so zerrissenen Charakter transportieren konnte. Die Schwere von Roberts Entscheidungen liegt jedes Mal aufs Neue auch auf den Schultern des Lesers. Noch nie schien es mir so herausfordernd, ein Königreich zu retten.

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