Josie
Was haben Einhörner, Menschen, Kelpies und Zentauren gemeinsam? Sie leben fast alle friedlich zusammen in der Freien Stadt im Herzen von Cavallon. Doch manche der Kreaturen, die man sonst nur aus Mythen und Legenden kennt, haben sich dazu entschieden getrennt von den anderen Völkern ihren Ritualen zu frönen. Außerhalb der Freien Stadt gelten Kelpies als listig und grausam. Sie werden verantwortlich gemacht für Schiffsunglücke aller Art und sind die Ungeheuer der Meere. Die kriegerischen Einhornclans sind die Herrscher über die Wälder. Menschen sollten sich nicht dorthin verirren. Die allwissenden, weisen Zentauren bewahren die Chroniken Cavallons in Coropolis am Rande des Meeres auf. Sie sind die Hüter des Wissen, so sagt man sich. Das alles kennt Sam Quicksilver jedoch nur aus Erzählungen. Denn in der Freien Stadt sind alle gleich und leben in Eintracht. Bis es am Tag des Friedensabkommens zu einem überraschenden Angriff kommt, er die Flucht antreten muss und sich damit in das Abenteuer seines Lebens stürzt. Zuallerallererst: Ich liebe diese Aufmachung. Es gibt direkt zu Beginn nicht nur eine wunderschöne Karte, mit der man sich einen Überblick über Cavallon verschaffen kann, nein, zur besseren Orientierung wird man auch gleich in die verschiedenen Clans eingeführt. Das fand ich alleine schon mal mega genial. Ja, ich kann es nicht oft genug erwähnen: Ich bin kein Fan von Büchern, die für jüngere Generationen gemacht sind. Aber beim „Clans von Cavallon“ hat sich die Ausnahme definitiv gelohnt. Ich bin begeistert von der Idee einfach mal alle möglichen legendären Geschöpfe, die man nicht so oft in Büchern antrifft, in einen Topf zu werfen und daraus ein Land zu machen, in dem alle Seite an Seite leben. Grandios. Deshalb ging mir der Rest der Geschichte auch echt fix von der Hand und das obwohl das Ganze in der personellen Erzählperspektive gehalten ist. Das Abenteuer beginnt mit Sams Geschichte in der Freien Stadt, aber dabei bleibt es nicht. Die Charaktervielfalt fand ich enorm gut gewählt, es wirkt nicht chaotisch und man kann als Leser fast in jeden Clan seine Fühler ausstrecken. Insgesamt gibt es vier Charaktere, die immer abwechselnd ihre Sicht der Story erzählen bzw das, was sie eben gerade in ihrem Teil des Landes erleben. Zusammengenommen ergibt das dann ein atemberaubendes Bild von dem die Autorin uns hier berichtet. Im Grunde genommen steht der Frieden in Cavallon auf recht wackligen Beinen. Jedes Volk hat theoretisch Gründe, auf die es einen Krieg bauen könnte. Aber die Pegasus, die seit Jahren als verschollen gelten, sind der Auslöser dafür, dass alle die Hufe, Beine und Flossen still halten - denn nur von ihnen droht scheinbar Gefahr. Ich wusste zu Beginn nicht so recht, worauf ich mich einlasse, aber die Geschichte rund um Sam und seine Mitstreiter hat mich schnell gefesselt und für sich eingenommen. Die Autorin hat es geschafft eine ganz eigene Story zur Entstehung des Friedens - oder eben nicht - zu entwickeln. Während im Vordergrund alles friedlich zu sein scheint, werden im Hintergrund dubiose Geschäfte abgewickelt, damit das auch so bleibt. Verträge und Abkommen, Machtspielchen und Lügen bewahren den Sonnenschein in Cavallon. Doch mit dem Angriff auf die Freie Stadt wird das Lügenkonstrukt eingerissen und beginnt zu bröckeln. Und hier beginnt dann die interessante und spannende Geschichte rund um Sam, Nixi, Lysander und Aquilla. Wie hängen sie zusammen? Wohin führt das Ganze? Sind die Pegasus wirklich so böse? Halten sich Einhörner menschliche Sklaven? Und für wie erhaben halten sich die Zentauren? Das und mehr gibt’s in Cavallon. Fazit: Mit dem ersten Teil von „Clans von Cavallon“ konnte mich die Autorin voll für sich gewinnen. Ich mag keine Kinderbücher, aber das hier ist einfach absolut genial. Ich liebe den Weltenentwurf, die Umstrukturierung der verschiedenen Völker, die man eigentlich ganz anders kennt. Die Storyline ist vielleicht durch den Angriff ein wenig düster angehaucht, für die, die es brauchen ist reichlich Action vorhanden, aber auch Listen und Lügen stehen an der Tagesordnung. Alles in allem hat das Lesen unheimlich viel Spaß gemacht und ich freue mich jetzt schon darauf nach Cavallon zurückkehren zu können, um zu erfahren, wie die Sache ausgeht. Klare Leseempfehlung für Abenteurer, ohne Liebesschnickschnack, mit ungewöhnlichen Geschöpfen und außergewöhnlichen Ereignissen.