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Bris Buchstoff

Posted on 11.5.2020

Capri – eine der schönsten Inseln im Mittelmeer. Die Faraglioni Felsen sind eines ihrer unverkennbaren Wahrzeichen, glücklich darf sich schätzen, wer die Insel seine Heimat nennen kann, wie Enrico Rizzi, der hier als Inselpolizist wirkt. Doch wie das so ist, neben dem Hauptberuf gibt es in italienischen Familien meist noch andere Verpflichtungen. Im Falle Rizzis sind das die Gärten seines Vaters. Dort gibt es immer etwas zu tun und das manchmal schon vor Dienstantritt … Regionalkrimis, gerade solche, die in beliebten Urlaubsgegenden spielen, finden immer ihre Abnehmer. Zumindest hat man den Eindruck, dass es so sein muss. Warum sollten sonst immer wieder neue Ermittler – und das meist in Serie – Fälle in bisher noch nicht für Krimiliebhaber entdeckten Regionen aufklären? Ich selbst bin ja ein Fangirl der Romane um Bruno Courrèges, den smarten Chef de Police aus dem Périgord. Alleine die Beschreibung der Landschaft und des Lebens dort sind für mich schon spannend genug, um mich immer wieder auf einen Fall zu freuen. Nun also ist ein neuer Ermittler am Horizont aufgetaucht, der in einer meiner Sehnsuchtsgegenden für Recht und Ordnung sorgen muss. Als mitten im August ein Ruderboot mit der Leiche eines jungen Mannes am Strand entdeckt wird, muss Enrico Rizzi, gebürtiger Caprese und bisher mit der Aufklärung weniger schwerer Delikte beauftragter Insel-Polizist, nun zum ersten Mal einen Mord aufklären. Gemeinsam mit seiner neu aus Bergamo nach Capri versetzten Kollegin Antonia Cirillo macht er sich an die Arbeit. Allerdings ist für Mord eigentlich die Mordkommission Neapel zuständig und so ist Rizzi viel in Bewegung. Mitten im August ist kein eingleisiger, dahin plätschernder aber auch kein Nerven aufreibender Krimi. Luca Ventura, so das Pseudonym des auf Capri lebenden Autors, kennt sich sowohl in Neapel als auch auf der Insel aus und schafft es mühelos, Bilder der sonnenbeschienen Insel in die Köpfe der Leser*innen zu transportieren. Die Orte, die er nennt, sind Capri-Kennern vertraut, die Fortbewegungsmittel, wie die funiculare (die Seilbahn) vom Hafen nach Capri, das traghetto oder asfoglio nach Neapel oder die unverkennbare Ape – die dreirädrige Mischung aus Kleinwagen und Roller – geben dem Ganzen noch das gewisse Etwas.. Nachdem der Tote als Jack Milani, Sohn einer Industriellenfamilie aus dem Norden und Student der Ozeanologie, identifiziert ist, fällt das Augenmerk der Ermittler auf die verschwundene Freundin des Toten. Ob Sofia geflüchtet ist oder entführt wurde, klärt sich relativ schnell für die Leser*innen. Ventura erzählt einen Teil der Geschichte aus Sofias Sicht, deckt dabei aber nicht vorschnell den oder die Täter/in auf. Dabei flicht er auch aktuelle Themen wie die Klimakrise, die ja am und im Mittemeer bereits länger schon Konsequenzen zeitigt, ein. Lokalkolorit, ein sympathischer Ermittler mit familiärem Anhang und einer noch sehr mysteriösen Kollegin, die offensichtlich strafversetzt wurde, viel Personal, deren Geschichten noch Stoff für die Rahmenhandlung einiger Bände ergeben dürften, das macht Lust auf mehr und lässt aufhorchen. Ganz besonders gut gefallen hat mir, dass die Ausgabe eine Klappenbroschur ist, die sowohl vorne als auch hinten sehr hübsch ausgeführte Karten enthält. Anfangs habe ich ein wenig gefremdelt mit Enrico Rizzi, aber wir werden uns schon aneinander gewöhnen. Gerade weil Luca Ventura mich mit seiner Auflösung des Falls – ein bisschen wider Erwarten – überrascht hat. Das gefällt mir. Und ich freue mich auf den nächsten Band, den Ventura wohl gerade am Golf von Neapel schreibt. Wer sich gerne näher mit dem Stammpersonal auf der Sonneninsel beschäftigen oder ein paar Impressionen für die Reise im Kopf ansehen möchte, der sollte sich auf jeden Fall auf der Microseite zum Buch umsehen.

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