schnaeppchenjaegerin
Nina ist schockiert, als sie vom Tod ihres Freundes Tim aus Kindertagen erfährt. Tags zuvor hatte er noch vergeblich versucht, sie telefonisch zu erreichen. In einem Brief, den er ihr hinterlassen hat, bittet er sie, weiter nach seiner Schwester Gloria zu suchen, die vor 20 Jahren verschwunden ist. Tim war offensichtlich auf eine neue Spur gestoßen, die er verfolgen wollte. Nina hatte eigentlich nicht mehr vor, in ihr Heimatdorf in den Wäldern zurückzukehren, versucht aber trotz aller Ängste und Vorbehalte aufgrund ihrer Erlebnisse in der Kindheit, Tims Wunsch zu erfüllen und endlich aufzuklären, was wirklich mit der damals 17-Jährigen passiert ist. Mit ihr auf die Suche begibt sich ein weiterer Freund, David, der inzwischen Polizist ist und meint, Nina beschützen zu müssen. Die Suche nach Gloria wird auf zwei Zeitebenen erzählt, wobei nicht auf Anhieb klar ist, wie die Protagonisten aus Vergangenheit und Gegenwart miteinander zusammenhängen. In der Gegenwart plant Nina, Wolff zu stellen, einen Bewohner des Dorfes, vor dem sie als Kinder schon Angst hatten, und den sie verdächtigen, Gloria entführt zu haben. Die Vergangenheit im Sommer 1999 wird aus Sicht von Peter erzählt, der Gloria in den Wäldern hat verschwinden sehen. Zusammen mit drei weiteren Freunden macht er sich auf die Suche nach ihr und kommt damit Wolff gefährlich nahe. Die Kapitel wechseln in schneller Abfolge und enden häufig mit Mini-Cliffhangern. Dies sorgt zwar für Spannung, zerstückelt den Roman aber in viele kurze Episoden und verhindert, in einer Zeitebene zu versinken. Ninas Fahrt nach Hause in die Wälder ist im Vergleich zur Schilderung der Ereignisse aus der Vergangenheit aus Kindessicht langatmiger und konnte mich weniger fesseln. Zudem hatte ich aufgrund des Schauplatzes der Wälder eine gruseligere und beklemmendere Atmosphäre erwartet. Die erhoffte Stimmung der Angst wollte sich bei mir nicht einstellen. Dafür waren die Handlungen von Nina auch zu unüberlegt und ungelenk. "Die Wälder" ist ein unblutiger Psychothriller um ein traumatisches Erlebnis in der Vergangenheit, um Rache und Vergeltung, von dem ich mir mehr Nervenkitzel erwartet hatte. Zu früh durchschaute ich das etwas unbeholfen wirkende Konstrukt aus Vergangenheit und Gegenwart und misstraute der sehr plakativen Darstellung von Wolff als Bösewicht. Das Potenzial des Schauplatzes der düsteren Wälder wurde nicht ausgeschöpft, den Charakteren fehlte Tiefe, der Handlung die notwendige Authentizität um für Glaubwürdigkeit und Spannung zu sorgen. Am Ende konnte mich die Autorin aber dank mehrerer Plottwists doch noch überraschen und wählte für einen Psychothriller einen ungewöhnlich langen, etwas sentimental anmutenden Ausklang der Geschichte.