Profilbild von Josie

Josie

Posted on 10.5.2020

Der Roman „Die letzten Zeilen der Nacht“ von Jo Schneider ist im Oktober 2018 im Drachenmond Verlag erschienen. Er handelt von Saiza, deren größter Wunsch es ist, eine bekannte Schriftstellerin zu werden und ihrer Beziehung zum geheimnisvollen Spinnengott, der ihr im Wald begegnet ist und ihre Kunst zu fördern wollen scheint. Wird der Klappentext des Romans gelesen, ist deutlich, dass dieser nur das erste Drittel des Buches umschreibt und der Leser über den Verlauf der Handlung in die Irre geführt wird. Es werden Personen eingeführt und dann, nach dem ersten Drittel der Handlung, nie wieder erwähnt, obwohl sie essenziell für Saizas Geschichte zu sein schienen. Als Grundhandlung kann aber zunächst der Umzug von Saizas Familie aus dem gottesfürchtigen Süden hinauf in den Norden in die Nähe der Fürstenstadt aufgrund der Erfindung ihres Vaters genannt werden, Saizas Einleben im neuen Umfeld sowie ein erstes Aufbegehren gegen die herrische und religiöse Mutter, die ihr Kind verstößt, nachdem es erfährt, dass sie einem vermeintlichen Dämon – dem Spinnengott – vor sogenannten Jägern beschützt hat. Verstoßen von allen flieht Saiza in die Arme des Gottes, der sie zu verstehen scheint und gibt ihm ihre Seele im Austausch für ihren größten Wunsch, eine gefeierte und bekannte Schriftstellerin zu werden. Die anderen zwei Drittel des Romans beschäftigen sich mit den Auswirkungen auf Saizas Wunsch, die Hintergrundgeschichte des Gottes sowie der angedeuteten Liebesgeschichte Saizas sowie dem Ursprung der Götter und ihrer möglichen Vernichtung. Die Handlung plätschert vor sich hin, es handelt sich hier um einen ruhigen, unaufgeregten Schreibstil, der Saizas etwas blassen Charakter sehr gut widerspiegelt. Ihre Handlungen und Gefühlszustände finden sich in der Erzählweise wider, als sie trunken vor Macht wird und ihr alles gleichgültig und die Tage ineinanderfließen, fühlt sich auch das Geschriebene so an, es kann teils aufgrund dieser Art des Schreibens keine richtige Verbindung zur Handlung und den Charakteren aufgebaut werden. Der Hintergrund des Spinnengottes, der aufgrund eines Wutausbruches verflucht und zum Gott wurde, erscheint wie die Hintergrundgeschichte von vielen anderen Wesen auch, die nun magisch und einst menschlich waren. Der Twist am Ende hingegen hat dem Buch eine angenehme Wendung verliehen, die aber leider zu kurz kam, da der innere Kampf des Gottes gegen den Menschen nur in seinem Verhalten Saiza und seinem Aussehen verdeutlicht wird, ohne, dass stärker auf das Ringen eingegangen wird. Ein Hauptkritikpunkt an diesem Roman, der zunächst nicht mal als Kritikpunkt angedacht war, ist, dass Saiza, wie scheinbar viele andere Protagonistinnen, Schriftstellerin werden möchte. Daran ist erst mal nichts auszusetzen. Aber jede ihrer Handlungen wird auf sie als angehende Schriftstellerin gemünzt und reduziert, sodass ihr Charakter, wie auch ihre Haut, im Angesicht der Handlung blass bleibt und nicht hervortreten kann. Auch ist es unverständlich, dass sie ihre Schreiberei geheim hält, wenn sie es ihrer Mutter sowieso nie recht machen kann und sie ihre Bücher veröffentlicht wissen möchte. Eine Abwechslung in der Darstellung der angehenden Schriftstellerin als Protagonistin, vor allem in Kombination mit einem Gott, wäre wünschenswert gewesen. Denn wenn ihr stärkster Wunsch es ist, veröffentlicht zu werden, hätte sie mehr Energie und Kraft in diese Tat stecken können, anstatt sich von einem Gott alles erfüllen zu lassen, oder? Zusammenfassend ist es eine nett geschriebene Geschichte mit einem unerwarteten, aber erfrischenden Ende, das die Handlung etwas hat aufwerten können. Auch die verschiedenen Phasen von Saizas Gefangenschaft beim Spinnengott war nett und abwechslungsreich, auch, wenn es störend war, dass fast alles einfach mit Magie gelöst werden kann.

zurück nach oben