Dreamworx
Der Kampf um Frauenrechte 1850 Würzburg. Die 16-jährige Viviana Winkelmann stammt aus einer angesehenen Bankiersfamilie und wuchs wohlbehütet auf. Da stößt es der Familie sauer auf, dass sie von einem einfachen Handwerker nun ein Kind erwartet. Um Ruf und Ansehen besorgt, wird Viviana ihres Zuhauses verwiesen und findet notgedrungen im Armenviertel der Stadt einen Unterschlupf sowie eine Anstellung als Aushilfe in der Apothekes des Julisusspitals. Die Beobachtung der Ärzte bei deren Arbeit lässt in ihr den Wunsch aufkommen, selbst Medizin zu studieren. Aber ohne Abitur und als Frau ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Das will Viviana nicht akzeptieren und erhebt sich gegen diese Ungerechtigkeit… Claudia und Nadja Beinert haben mit „Das Juliusspital - Ärztin aus Leidenschaft" den einen unterhaltsamen ersten Band ihrer historischen Juliusspital-Saga vorgelegt, der im unterfränkischen Würzburg beheimatet ist. Der flüssige und mit fränkischem Dialekt eingefärbte Erzählstil lässt den Leser schnell eine Zeitreise in die Mitte des 19. Jahrhunderts antreten und als unsichtbarer Schatten Vivianas Weg mitverfolgen. Mehrere wechselnde Perspektiven geben einen guten Rundumblick und lassen gleichzeitig Spannung innerhalb der Geschichte aufkommen. Das Autorenduo hat wieder einmal akribisch recherchiert und den historischen Hintergrund sowie das damalige praktizierte medizinische Wissen wunderbar in ihre Handlung mit eingepflegt und für den Leser anschaulich aufbereitet. Auch einige in der Geschichte aufgeführten Mediziner entstammen der Realität und haben zum Teil Weltruhm erlangt wie z.B. Professor Virchow. Ebenso wird in dieser Geschichte einmal mehr deutlich gemacht, wie das Leben der Frauen damals aussah und welche Rechte sie hatten. Die Möglichkeit eines Medizinstudiums blieb ihnen meist verwehrt, da dies als Männerdomäne galt und Frauen eher ein einfaches Gemüt und weniger Intelligenz bescheinigt wurde. Vivianas Aufbegehren und ihr Kampf gegen diese Ungerechtigkeit steht stellvertretend für die erste studierte Ärztin Dorothea Erxleben, die schon ein Jahrhundert früher diesen steinigen Weg gegangen ist, um Frauen diesbezüglich mehr Rechte einzuräumen. Die Charaktere sind liebevoll und lebendig ausgestaltet, wirken glaubwürdig und authentisch, so dass der Leser sich ihnen gerne anschließt und ihren Werdegang verfolgt. Aber Hauptprotagonistin Viviana sticht besonders hervor. Sie ist eine junge Frau mit dem Herz am rechten Fleck. Obwohl sich ihr Leben durch den Bruch mit ihren Eltern und als alleinerziehende Mutter einer kleinen Tochter von jetzt auf gleich ändert, zeigt sie sich nie resigniert. Im Gegenteil, sie gibt sich kämpferisch, krempelt die Ärmel hoch, ist interessiert, klug, engagiert und zeigt Mitgefühl. Sie besitzt einen unerschütterlichen Mut und eine Stärke, die einem nur Respekt abverlangen kann, denn sie ist ihrer Zeit meilenweit voraus. Durch Frauen wie sie haben wir es heute in einigen Dingen wesentlich leichter. Ebenfalls überzeugen die weiteren Darsteller innerhalb der Geschichte, die durch sie zusätzlich an Farbe und Lebendigkeit gewinnt. Mit „Das Juliusspital - Ärztin aus Leidenschaft" ist ein sehr guter Startschuss in die Spitalssaga gelungen, der mit einer engagierten und sehr sympathischen Hauptprotagonistin aufwartet, aber auch ausgezeichnete historische Hintergrundrecherche bietet. Sehr fesselnd erzählt und mit verdienter Leseempfehlung ausgestattet.