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Flavia ohne Buckshaw? Kann das funktionieren? Und entgegen aller Zweifel muss ich sagen: ja, es kann. Denn auch wenn wir es gewohnt sind, mit unserer sympathischen Ermittlerin und ihrem Fahrrad Gladys durch Bishop's Lacey zu strampeln und die skurrilsten Morde zu lösen, braucht es das kleine Städtchen überhaupt nicht, um uns einen unterhaltsamen Roman zu bescheren. Ganz im Gegenteil sogar, ich fand den Ortswechsel sehr erfrischend, weil er neue Figuren ins Spiel brachte und man Flavia endlich einmal unter Gleichaltrigen erleben durfte. Miss Bodycotes Höhere Mädchenschule verspricht auf den ersten Seiten des Buches noch ein langweiliges Internat in Kanada zu sein, doch kaum betritt man gemeinsam mit Flavia die Gemäuer des Instituts, schon wird man mit dem ersten Verbrechen konfrontiert. Allerdings scheint nicht nur die gefundene Leiche ein Mysterium zu sein, sondern auch die komplette Lehrer- und Schülerschaft, die alles andere in den Schatten stellen. Generell spielt die Aufklärung des Falles nur eine nebensächliche Rolle - wird von Flavia mal so nebenbei erledigt - während sie viel mehr über ihre verstorbene Mutter und deren Geheimnisse in Erfahrung bringt. Das ist interessant, manchmal aber auch so vollkommen verwirrend, dass man am Ende gar nicht mehr weiß, ob dieser Band einem bei der Lösung des Rätsels nun weitergeholfen hat, oder nicht. Dieses Buch unterscheidet sich aber noch in einem weiteren Punkt von seinen Nachfolgern, und das war in meinen Augen auch der positivste: Flavia darf endlich unter Gleichaltrigen agieren, was für komische, aber auch altersgerechte Situationen sorgte. Klar, sie bleibt das altkluge Mädchen mit dem Hang zur Chemie, aber hier kam auch endlich durch, dass wir es mit einer immernoch Zwölfjährigen zu tun haben, die sogar so etwas wie kleine Freundschaften schließt. Ich mochte diese Abwechslung sehr und konnte es dem Autor deswegen auch verzeihen, dass wir diesmal sehr wenig von den Ermittlungen und Flavias Leidenschaft zu Gesicht bekamen. Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass dies einigen De Luce-Fans nicht ganz so zusagen wird. Die können sich aber wieder auf den nächsten Teil freuen.