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daslesendesatzzeichen

Posted on 4.5.2020

Fuchs 8 ist, man ahnt es, der achte Fuchs seines Wurfes und er ist nicht nur schlau, er ist superschlau. Fuchs 8 kann nicht nur ‚Füksisch‘ sondern auch ‚Mänsisch‘. Jawoll. Er hat nämlich abends, als er sich an sein Lieblingsmenschenhaus herangeschlichen hat, den Menschen zugehört. Immer und immer wieder. Und irgendwann hat er es kapiert. Fuchs 8 ist aber, wie gesagt, oberschlau und kann sogar schreiben und dies hier ist seine Geschichte. Natürlich kann er nicht ganz so gut schreiben, denn schlussendlich ist er doch immer noch ein Tier, aber man kann ihn verstehen. Und das klingt dann so: Libe Leserinen und Leser:Zuers möchte ich sagen, Entschuldigung für alle Wörter di ich falsch schreibe. Weil ich bin ein Fuks! Und schreibe und buchstabire deshalb nich perfekk. Aber jezz kommt wi ich gelernt hab so gut zu schreiben und buchstabiren wi ich es tue! Wer Kinder hat, den wird die Schreibweise des Fuchses stark an das erinnern, was die lieben Kleinen in ihren ersten Schreibjahren so schön zu Papier bringen. Meine Kinder, denen das wunderbare Glück widerfahren ist, die Lernmethode „Schreiben nach Hören“ erleben zu dürfen, schreiben heute noch zum Teil so. Was sie in der ersten Zeit wieder und wieder so schön verschriftlicht haben, hat sich eingeprägt, herzlichen Glückwunsch! Daher wäre „Fuks“ für „Fuchs“ auch für meine Kinder extrem plausibel. Schön auch Füchsleins Schreibweise „Geroisch“ für Geräusch – auch das kommt mir bekannt vor … Fuchs 8 jedenfalls ist extrem charmant, eloquent und entwaffnend ehrlich. Er schreibt sich alles von der Seele und erzählt auch, dass er natürlich ab und an auch mal ein Huhn oder eine Gans isst, aber das geschieht alles nach Absprache mit den Opfern und die sind dann auch ganz einverstanden – naja, jedenfalls wehren sie sich nicht groß und widersprechen nicht. Das gesamte Buch ist in füksisch-mänsischer Schreibweise gehalten und je länger man liest, desto leichter liest sich das alles. Der kindlich-naive Charme des cleveren Tieres bohrt sich in das Herz des Lesers – und was der Fuchs zu erzählen hat, ist nicht ohne. Was fröhlich und unbeschwert beginnt, wird zunehmend ernsthafter und dramatischer, denn der Fuchs erzählt seine bisherige Lebensgeschichte und die hat es in sich. Fuchs 8 konnte sich, unterm Fenster eines Menschenhauses lauschend, die Sprache der Menschen aneignen, das hilft ihm sehr, denn plötzlich kommen immer mehr Menschen in den Wald. Sie kommen mit großen Fahrzeugen und Geräten, fällen die Bäume und entziehen den Tieren ihre Nahrungsgrundlage. Eine Mall wird gebaut, mitten in der Heimat der Fuchsfamilie. Und da Fuchs 8 neugierig, schlau und schnell ist, muss er handeln, um seine Verwandten vor dem Hungertod zu retten. Aber was ist „Fuchs 8“ nun? Es ist sicherlich kein Kinderbuch, auch wenn es thematisch und von der Form her als solches gedeutet werden könnte. Die wunderschönen Illustrationen von Chelsea Cardinal tun ihr übriges dazu … Der Sprachwitz, dass der Fuks schreibt, wi di Kinda gärn schreiben würdn, entzieht sich dem Kind ja, da es viel zu nah an dem ist, wie das Kind selbst hört und gerne verschriftlichen würde. Das Buch ist bei Erwachsenen und Jugendlichen sicher besser aufgehoben. Doch wie geht man mit der Sprache um? Der Feldversuch im nahen familiären Umfeld ergab, dass es nicht bei allen erwachsenen Verwandten um mich herum gleich gut ankommt, dass Fuks 8 schreibt, wie er schreibt. Mein Mann empfand es schlicht als albern. Der Charme prallte gänzlich an ihm ab. Mich hingegen verzauberte diese Besonderheit, ja der Mut, den George Saunders hier beweist, in dem er seine Hauptperson auf diese Weise erzählen lässt. An dieser Stelle sei auch noch die kongeniale Übersetzungsarbeit von Frank Heibert erwähnt, der die schwierige Aufgabe hatte, diesen Sprachwitz aus dem amerikanischen Englisch ins Deutsche zu transportieren – und ohne das Original zu kennen, wage ich zu sagen, dass ihm das extrem gut gelungen ist. Das Endergebnis jedenfalls ist ein kleines Kunstwerk für sich! Fuchs 8 ist eine moderne Fabel, ein Märchen, vielleicht kann man es sogar eine Parabel nennen. Es ist jedenfalls eine äußerst innovative Idee, den Leser mal wieder zum Nachdenken zu bringen, darüber, was der Mensch so alles zerstört um sich herum in seiner Rolle als Erfinder, Optimierer und Macher … Leseempfehlung!

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