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Matzbach

Posted on 4.5.2020

September 1951. Die DDR existiert seit knapp zwei Jahren, der kalte Krieg zeichnet sich ab. Max Heller wird, einen Tag nach seiner Rückkehr aus dem Ostseeurlaub, mit den Ermittlungen im vermeintlichen Selbstmord zweier Untersuchungshäftlinge betraut. Die beiden, Angehörige der Zeugen Jehovas, haben sich nach einer Razzia nahezu zeitgleich das Leben genommen. Auf Druck der sowjetischen Behörden soll Heller nun klären, ob es sich tatsächlich um Selbstmord gehandelt hat. Dabei stößt er auf die Spur eines Attentatsplans von wahrhaft gigantischen Ausmaßen. So in Dresden eine Atombombe gezündet werden, um den dritten Weltkrieg auszulösen? Und wenn ja, wer steckt hinter diesen Plänen? Die USA, die ihren ideologischen Hauptfeind ausschalten wollen? Oder die UdSSR selbst, die damit die aufkeimende Unzufriedenheit in den jungen Ostblockstaaten übertünchen möchte? So oder so, ein höchst brisanter Fall für Max Heller, dessen Aufgabe erschwert wird, weil er sich allein um die Ziehtochter Anni und seine mittlerweile zunehmend an Demenz leidenden Vermieterin kümmern muss. Seine Frau hat eine Genehmigung für eine Westreise bekommen, um den in Düsseldorf lebenden Sohn zu besuchen. Die Tatsache, dass Heller nichts von ihr hört, lässt ihn befürchten, dass sie den Versuchungen des Westens erlegen sein könnte. Der Fall selbst wird zunehmend verwickelter, immer mehr Leichen pflastern Hellers Weg. Doch genau das lässt ihn stutzig werden. Warum legt der Rabe, so der Name für den vermuteten amerikanischen Agenten, eine so breite Spur, wo doch Geheimhaltung angesagt ist. Am Ende erweist sich die Hysterie als eher unbegründet, dient die Räuberpistole um die Atombombe doch lediglich zur Verschleierung einer breit angelegten Geheimdienstintrige, bei der die Hintermänner unklar bleiben. Neben dem durchaus interessanten Fall gelingt es Frank Goldammer, das aufkeimende Misstrauen innerhalb der DDR-Gesellschaft vor dem Hintergrund des kalten Krieges einzufangen. Die Krake des MfS breitet sich aus, jeder muss potentiell jedem misstrauen. Warum allerdings die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas im Roman so eine zwielichtige Rolle spielt, bleibt Goldammers Geheimnis. Diese mir an sich nicht sympathische Sekte zeichnet sich jedenfalls nicht durch Gewaltbereitschaft aus, wofür sie im Dritten Reich bekanntlich einen hohen Preis zahlen musste. Warum sollte sich diese Einstellung sechs Jahre nach dem Krieg geändert haben?

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