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Geistesgift

Posted on 3.5.2020

Zunächst sollte ich vorweg sagen, dass ich Rosas Werk zur Resonanz nicht kenne und während der Lektüre von "Unverfügbarkeit" den Eindruck gewonnen habe, dass ich deutlich mehr daraus hätte mitnehmen können, wenn ich "Resonanz" gekannt hätte. Trotzdem ist Unverfügbarkeit ein tolles Essay, ein Gedankenspiel, das versucht, dem Grundkonflikt der Moderne auf die Schliche zu kommen und dabei einige interessante und für weitere Überlegungen fruchtbare Thesen aufstellt. Kern von Rosas Überlegungen ist, dass Subjekte sich danach sehnen, mit ihrer Umwelt in Resonanz zu treten, also eine beidseitige Affizierung stattfindet. Dem entgegen steht eine "Unverfügbarkeit" der Welt, die uns nicht mehr anspricht, sich nicht mehr öffnet und dadurch jede Resonanzerfahrung verwehrt. Hauptgrund für diese Unverfügbarkeit sieht er in der Haltung, die Welt als Aggressionspunkt zu sehen: als etwas, das erobert, beherrscht und kontrolliert werden soll. In diesem Paradox, dass sich die Welt dem Subjekt mehr und mehr verschließt, je mehr es versucht, sie sich verfügbar zu machen, ist für Rosa eben jener Grundkonflikt der Moderne. Ich fand den Text gut und flüssig zu lesen, anspruchsvoll ohne in Jargon oder Verweisorgien abzudriften und außerdem die knappe Länge sehr angenehm. Dadurch sind die Thesen sehr pointiert und klar, ohne in unnötigem Wulst unterzugehen. Insgesamt ein anregender Text, der viele Anschlussmöglichkeiten eröffnet.

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