Peanut
Mir gefällt es wie im Buch mit dem Thema Homosexualität und somit auch Homophobie in den 90ern umgegangen wird. Charlie geht da seinem Alter entsprechend sehr unbedarft heran und wertet die homophoben Aktionen in seinem Umfeld nicht. Das entspricht auch voll und ganz seinem Charakter, da er meist eher nur zusieht und schweigt anstatt zu handeln. Ein ganz großes Manko an dem Buch ist der Schreibstil, denn Charlie schreibt durchgehend Briefe an eine nicht näher benannte dritte Person und dementsprechend wenige Erklärungen gibt es. Man bekommt zwar relativ viel Handlung für 230 Seiten, aber alles wird sehr einseitig beschrieben. Der Hauptteil besteht aus Nacherzählungen vom Tagesgeschehen und dementsprechend viele Dialoge gibt es. Auf Erklärungen und Emotionen wartet man oft vergeblich und so fiel es mir auch sehr schwer eine Verbindung zu Charlie aufzubauen. Ein weiterer fataler Fehler in Sachen Schreibstil ist die fehlende Tiefe. Es werden unglaublich viele Themen aufgegriffen und wenn man die Seitenanzahl im Hinterkopf behält hätten allein zwei bzw. eigentlich auch eins davon ausgereicht um dem Buch genug dramatische Szenen/Emotionen geben zu können. Stattdessen werden so Themen wie Abtreibung, Drogen/-missbrauch, Vergewaltigung, Suizid, Missbrauch und vieles mehr so behandelt, als wäre das alles gar nicht so schlimm. Diese Abgestumpftheit(emotionale Taubheit, absolute Leere und Gleichgültigkeit) passt zwar zu Menschen, die eine PTBS haben jedoch wird nie klar definiert was Charlie überhaupt hat. Man weiß er war in der Psychiatrie, aber warum war er dort nach dem Tod seiner Tante? Und man könnte dann wenigstens dem Leser den nötigen Einblick in die Erkrankung geben, wenn nötig auch durch andere denn so etwas für viele kaum nachvollziehbar. Und vor allem wenn man es als Jugendbuch betrachtet ist das alles einfach nur verdammt schade, schließlich sollte man doch zeigen das solche Themen sehr ernst sind. Und selbst wenn da noch eine komplett andere Erkrankung mit reinspielt sollte man diese klar benennen und damit respektvoll umgehen beim Schreiben. So wirkt es einfach wie nichts halbes und nichts ganzes. Ein sehr wichtiges Utensil ist in diesem Buch der Alkohol, neben den ganzen Zigaretten und Drogen. In den USA wurde viel geraucht in den 90ern, auch bei Jugendlichen und selbst heutzutage taucht das ziemlich oft in Jugendromanen auf. Charlie ist ein Mauerblümchen und sehr offensichtlich ein introvertierte Jugendlicher. Auch solche gehen auf Parties, aber ich glaube wenn man eine authentische rund um so eine Person schreiben möchte dann sollte man ihn vielleicht nicht alle paar Seiten auf Parties herum hängen lassen. Auch wenn es mir unglaublich schwer fällt gebe ich dem Buch nur 2,5 Sterne. Auch bei einer so dünnen Lektüre aus den 90ern für Jugendliche kann man erwarten, dass wenigstens etwas Tiefe vorliegt und nicht alles in wenigen Sätzen unter den Teppich gekehrt wird. Da zeigt sich einfach einmal wieder, dass weniger eindeutig mehr wäre und sich die Themen den Raum zum Atmen nehmen in der Handlung und sich keins so wirklich entfalten kann. Mit der doppelten Anzahl an Seiten wäre es vielleicht nicht ganz so gravierend her gewesen vom Eindruck, aber 460 Seiten in dem Stil zu lesen stelle ich mir auch sehr anstrengend vor. Charlie schreibt einfach nicht wie ein 15-jähriger und wenn ich eins durch die Lektüre gelernt habe ist, dass er oft scheinbar grundlos heult und dabei nichts empfindet und andere ihn dann heimfahren müssen. Ich weiß nicht, ob all das Geschilderte wirklich der Erkrankung gerecht wird die er hat. So liest es sich einfach als hätte der Autor unter allen Umständen versucht möglichst viel Drama einzubauen und als hätte dafür noch obendrein unbedingt eine psychische Erkrankung für den Hauptprotagonisten gebraucht.